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Kabilas Soldaten fliehen vor Kongos Rebellen

■ Kofi Annan empfiehlt UN-Truppenverstärkung in Zentralafrikanischer Republik nach Fluchtwelle und UN-Beobachter im Kongo. Kriegsgegner bilden gemeinsame Kommission

Berlin (taz) – Die Rebellen in der Demokratischen Republik Kongo sind im Begriff, die Truppen von Präsident Laurent Kabila aus dem gesamten Norden des Landes zu verjagen. Sie festigen damit ihre territoriale Kontrolle, während die ausländischen Kongo-Kriegsparteien ihren Friedensprozeß fortsetzen.

Tausende von Kabila-Soldaten sind in den letzten Tagen aus dem Norden des Kongo vor den vorrükkenden Rebellen in die Zentralafrikanische Republik geflohen. Dabei treiben sie auch die Zivilbevölkerung in die Flucht. Die Soldaten zünden Dörfer an, vergewaltigen Frauen und töten Vieh, heißt es laut Nachrichtenagenturen in Berichten von Flüchtlingen.

Die Ankunft fliehender Soldaten und fliehender Zivilisten aus dem Kongo in der Zentralafrikanischen Republik erhöht dort die politischen Spannungen einen Monat vor den geplanten Präsidentschaftswahlen Ende August. Um Gewalt rund um diese Wahlen zu verhindern, ist eine UN-Blauhelmtruppe mit 1.227 Soldaten stationiert. In Erwartung erhöhter Aktivitäten ist vor kurzem Verstärkung aus Kanada eingetroffen. Es herrsche in dem Land eine „potentiell explosive Lage“, berichtete UN-Generalsekretär Kofi Annan diese Woche dem UN-Sicherheitsrat und empfahl eine Truppenaufstockung auf 1.498 Mann. Der Präsident der Zentralafrikanischen Republik, Ange-Felix Patassé, hat bisher Kabila unterstützt und muß sich nun durch den Anmarsch von Kabilas Feinden jenseits der Grenze gefährdet fühlen.

Die UN-Präsenz in der Zentralafrikanischen Republik gilt als Modell für eine UN-Präsenz in der Demokratischen Republik Kongo, wie sie in dem am 10. Juli unterzeichneten Abkommen zwischen den sechs am Kongo-Krieg beteiligten Regierungen vorgesehen ist. Als ersten Schritt zur Umsetzung dieses Abkommens, das Kongos Rebellen noch nicht unterzeichnet haben, bildeten die Regierungen von Angola, Kongo, Namibia, Ruanda, Simbabwe und Uganda am Dienstag abend eine „Gemeinsame Militärkommission“ aus kommandierenden Militärs ihrer jeweiligen Truppenkontingente im Kongo. Die Kommission soll den Waffenstillstand im Kongo überwachen, so er denn einmal eintritt. In der Praxis werden die verschiedenen ausländischen Truppenkontingente im Kongo nun erstmals in einem gemeinsamen Gremium miteinander reden können, anstatt aufeinander zu schießen. Die Kommission ist damit der Vorläufer einer internationalen Übergangsverwaltung für den Kongo.

Wie es weitergehen soll, hat sich Kofi Annan bereits in einem Bericht an den UN-Sicherheitsrat überlegt. Kurzfristig wünscht er die Entsendung von 90 UN-Militärs, um Kommunikationswege zwischen den Kriegsschauplätzen und den Truppenentsendungsländern zu öffnen. Dann sollen bis zu 500 UN-Militärbeobachter im Kongo und „nach Bedarf in den kriegführenden und anderen benachbarten Staaten“ eingesetzt werden. Sie sollen die Ankunft einer Blauhelmtruppe vorbereiten. Dominic Johnson

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