Kalter Wind aus dem Keller

■ Weinkeller und Fundamente prüfen: Mit Bürgermeister Ortwin Runde auf Tour durch die Unterwelt des Hamburger Rathauses

Hamburgs Erster Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) ist ein gewissenhafter Mann. Gestern inspizierte er – eine Schar von Journalisten und Fotografen im Schlepptau – den Keller des Rathauses: „Man muß sich hin und wieder seiner Fundamente vergewissern“, begründete Runde seinen Ausflug in die Unterwelt.

Wer beim Abstieg in die Tiefen des Renaissancebaus ein dunkles und feuchtes Kellergewölbe erwartet, wird enttäuscht. Grau verputzte Wände, Neonlampen und eine Unmenge von – zumeist frisch verlegten – Leitungen und Kabeln durchziehen das 102jährige Gewölbe, das auf 3788 sechzehn Meter langen Phählen aus Preußischer Kiefer und einer 1,60 Meter dicken Betonplatte ruht.

Zehn Millionen Mark wurden zwischen 1994 und 1998 für die moderne Heizungs- und Klimaanlage investiert, erläuterte Rathausarchitekt Felix von Kalben. Durch die Lüftung würden jede Stunde rund 160.000 Kubikmeter Luft angesaugt, angefeuchtet und erwärmt. Angesaugt wird die Luft unter dem Hygieia-Brunnen im Innenhof. Seit dessen Sperrung für Autos gibt es keine Probleme mehr mit der Aufbereitung. Zuvor habe die Gaswarnanlage mehrfach CO2-Alarm ausgelöst, meist nach Bürgerschaftssitzungen, wenn allzuviele ParlamentarierInnen gleichzeitig die Motoren anwarfen.

Dafür würde ihm, spottete Runde, gelegentlich „kalter Wind aus der Klimaanlage den Pfeifenrauch wieder ins Gesicht wehen“. Die Feinregulierung der Lüftung in jedem der rund 660 Zimmer des Rathauses, räumte von Kalben ein, sei noch „nicht optimal“. Die Erneuerung von Heizungs- und Lüftungsanlage habe aber handfeste Vorteile: Die Energiekosten seien von rund 400.000 Mark jährlich auf rund 250.000 Mark gesenkt worden.

Weniger gespenstisch gibt sich die „Schreckenskammer“ voller Ritter, Grafen und Bischöfe. Bei der Rathausrestaurierung, für die rund 60 Millionen Mark aufgewendet wurden, fertigten Künstler für die vielen Sandsteinfiguren zunächst Gipsmodelle. Anhand der Modelle wurde dann über Nachbesserungen oder Änderungen entschieden. Vieler dieser Modelle lagern kunterbunt durcheinander nun in der Kammer.

Zuletzt führte Runde seine Begleiter in das kulinarische Heiligtum seines Rathauses – in den Weinkeller. Rund 10.000 Flaschen Rot- und Weißwein aus verschiedenen Anbaugebieten lagern bei Temperaturen zwischen 13 und 14 Grad. Etwa 2500 Flaschen werden alljährlich für die Bewirtung der zahlreichen Gäste im Rathaus verbraucht.

Auch Rotweinliebhaber Runde fühlte sich in den gut gekühlten Räumen sichtlich wohl und ließ es sich nicht nehmen, eins der edlen Tröpfchen zu genießen. Zu Hause habe er keinen Weinkeller, schließlich gebe es in Kaufhäusern ja ein reichhaltiges Angebot. „Wozu soll ich dann für Wein Liquidität binden?“, fragte der ehemalige Finanzsenator und nahm einen guten Schluck. Oliver Schirg