: Hamburgs schönster Bahnhof
Der Dammtor-Bahnhof wird für fast 40 Millionen Mark aufgemöbelt ■ Von Gernot Knödler
„Sieht ja ganz nett aus“, soll Kaiser Wilhelm I. gesagt haben, als er den 1903 vollendeten Bahnhof Hamburg Dammtor zum ersten Mal sah. Angesichts der Tatsache, daß sich seine Majestät höchstpersönlich in die Gestaltung der Nobelstation eingemischt hatten, ist diese Aussage wohl als selbstzufriedenes Understatement zu werten. Jetzt will die Bahn an alte Zeiten anknüpfen: „Der Bahnhof Dammtor soll wieder das werden, was er einmal war: der schönste Bahnhof Hamburgs“, versprach Hermann Gause, der Beauftragte der Deutschen Bahn für Hamburg und Schleswig-Holstein gestern.
Für 32 Millionen Mark will die Bahn aus dem Labyrinth von Gängen und Treppen ein helles, übersichtliches Konsum- und Kommunikationszentrum machen. Weitere sieben Millionen gibt die Bahn für die neuen Dächer des Fernbahnsteigs aus, die gerade gebaut werden. Der Zugbetrieb läuft während des Umbaus normal weiter. Die Arbeiter werkeln nachts. Trotzdem soll im August nächsten Jahres alles fertig sein.
Im Inneren läßt die Bahn nachträglich errichtete Trennwände und Vorbauten herausreißen und schafft somit im Erdgeschoß großzügige Passagen quer und längs zu den Gleisen auf der Ebene darüber. Die Passagen erhalten nach den Plänen der Mailänder Architekten Studio & Partners Tonnengewölbe, die weiß gestrichen werdem. Die denkmalgeschützten dunklen Holzverkleidungen über den Kiosken sollen als Gestaltungselemente alle Geschäfte im Bahnhof verbinden. Wie das wirkt, ist bereits heute links neben dem Eingang Edmund-Siemers-Allee an einem Zeitschriftenladen zu besichtigen.
Der Bahnhof Dammtor ist einer von 26 Bahnhöfen bundesweit, die die Bahn zu einem Modernisierungspaket zusammengefaßt hat. Bis 2001 sollen dafür 1,1 Milliarden Mark ausgegeben werden, wobei nach den Vorstellungen der Bahn 60 Prozent der Summen von Investoren aufgebracht werden sollen. In Norddeutschland gehören auch die Bahnhöfe in Kiel, Lübeck, Rostock und Stralsund dazu.
„Mit Hilfe des ,Bahnhofspakets' gelingt es, unterschiedlich ertragsstarke Bahnhöfe so zu bündeln, daß auch in die weniger rentablen Standorte investiert werden kann“, schreibt die Bahn. Was am Hamburger Dammtor an Überschuß erwirtschaftet wird, kommt Rostock und Stralsund zugute.
Denn am Dammtor-Bahnhof gibt es nach Auskunft der Vermarktungsfirma „Immobilien Team Consulting“ (ITC) keine Schwierigkeiten, Geschäftsräume zu vermieten. Kein Wunder bei 540 S-Bahnen und 310 Fernzügen, die hier jeden Tag ankommen und bei rund 60.000 Leuten, die täglich durch die Gänge hasten.
Im Westflügel zum Radisson-Hotel hin plant die Bahn, ihr neues Reisezentrum einzurichten. Auf 340 Quadratmetern sollen Reisende nicht bloß Fahrkarten sondern komplette Urlaubsarrangements kaufen können. Der Ostflügel, wo schon heute McDonald's Fleischfladen brät, wird auch künftig dem schnellen Essen vorbehalten bleiben. In die Kioske innen und die Läden unter den Bögen außen werden Cafés, Bäckereien und ein Feinkostgeschäft einziehen. In den Westflügel ziehen außerdem ein Foto-, ein Blumen-, ein Lotto- und ein Buchladen ein. Insgesamt sind rund 30 Ladenlokale zu vermieten.
Der erste Dammtor-Bahnhof war 1866 ebenerdig in der Nähe des heutigen Gustav-Mahler-Platzes gebaut worden. Nach der Entscheidung, die Bahnstrecke durch Hamburg in den ersten Stock zu verlegen, wurde die heutige Halle errichtet. Die Bahn renovierte sie das letzte Mal zwischen 1986 und 1990 für 20 Millionen Mark.
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