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Allein unter Frauen

Geschlechterforschung ist in Deutschland Frauensache. Wissenschaftler wie der Australier Robert W. Connell, der dieses Sommersemester eine Gastprofessur an der an der Bochumer Ruhr-Universität innehatte, sind eine bescheidene Ausnahme in der deutschen Hochschul- und Forschungslandschaft. Den Grund hierfür sehen Wissenschaftler in dem Verhalten der Achtundsechziger-Bewegung, die die Geschlechterforschung den Frauen überließ und sich vermeintlich wichtigeren Themen wie Umwelt und Frieden zuwandte.

Nur einzeln versprengt finden sich hierzulande Wissenschaftler im Fachbereich „Kritische Männer- und Geschlechterforschung“, die sich – wie Robert W. Connell – die Aufhebung patriarchaler Herrschaftsverhältnisse zum Ziel gesetzt haben.

Der Politikwissenschaftler Peter Döge etwa gründete in Berlin das „Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung“, um nicht länger in patriarchalen Universitätsstrukturen arbeiten zu müssen. Er fordert einen wissenschaftlichen Diskurs zwischen Männern und Frauen.

Impulse gegen die in Forschung und Politik eingespielte Gleichsetzung von Geschlecht und Frau kamen auch von Michael Meuser. Der Soziologe aus Essen erhielt, so wie Peter Döge auch, einen Forschungsauftrag am Essener Kolleg für Geschlechterforschung.

Eine Annäherung von Männern und Frauen auf wissenschaftlicher Ebene gab es schließlich bei der Essener Tagung „Frauenforschung – Männerforschung“ im Sommersemester 1999. Dort forderten die männlichen Teilnehmer mehr Mitspracherecht im Forschungsbereich „Gender Studies“. Schließlich leiste die kritische Männerforschung einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung neuer Perspektiven geschlechterdemokratischer Politik, argumentierten sie.

Ähnlich mannlos sieht es auch in Politik und Verwaltung aus – soweit sie das Verhältnis der Geschlechter regeln. Städte und Gemeinden können nur Frauen als Gleichstellungsbeauftragte einstellen. Das Landesarbeitsgericht Hamm bügelte kürzlich die Klage eines Mannes ab, der sich um eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragter beworben hatte. Eine ähnliche Klage wurde bereits 1997 verworfen. Die Begründung der Richter: Männer würden durch solche Ausgrenzungen nicht diskriminiert. Dieser Grundsatz gilt auch für die Besetzung von Universitätsposten.

Tanja Fischer-Jung

Literatur:Peter Döge: Männlichkeit und Politik, Kleine Verlag, Bielefeld 1999, 196 Seiten, 39 Mark.Michael Meuser: Geschlecht und Männlichkeit, Verlag Leske und Budrich, Leverkusen 1998, 327 Seiten, 48 Mark.

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