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Das PortraitNeuer Chef im Nato-Bündnis

■ George Robertson

George Robertson, der nach britischen Medienspekulationen heute offiziell auf Vorschlag der britischen Regierung zum Nachfolger des Nato-Generalsekretärs Javier Solana gekürt werden wird, ist eine der weniger aufregenden Figuren in Tony Blairs Kabinett. Der bisherige britische Verteidigungsminister war so diskret, dass er eigentlich nie aufgefallen ist. Erst jetzt, wo er von der politischen Bühne seines Heimatlandes abtritt, erregt er ein wenig Aufsehen.

George Robertson, mutmaßlicher neuer Nato-Generalsekretär ‚/B‘ Foto: AP

Mit Sicherheitskräften hatte Robertson schon immer ein gutes Verhältnis. Sein Vater war Polizist, geboren wurde er vor 53 Jahren in der Polizeiwache von Port Ellis auf der schottischen Insel Islay. Als Jugendlicher war er ein Linker, in den Kampagnen gegen die US-Militärpräsenz am nahen Holy Loch aktiv und kurzzeitig Mitglied der Schottischen Nationalpartei. Während des Studiums wurde er jedoch ganz normal, und danach trat er sogar der „Allgemeinen Gewerkschaft der Stadtangestellten und Kesselhersteller“ (GMB) bei, eine der wichtigsten und langweiligsten Bestandteile der britischen Gewerkschaftsbewegung.

Somit politisch installiert, begann Robertson eine makellose Labour-Karriere, die nur einmal vor 20 Jahren erschüttert wurde, als sein Auto mit einem Lastwagen der britischen Marine voller Sprengstoff zusammenstieß und fast in die Luft ging. Das war im Jahr 1978, als er zum ersten Mal ins britische Parlament gewählt wurde.

In der Labour-Hierarchie war Robertson eigentlich immer für schottische Belange vorgesehen; von 1993 bis 1997 war er im Schattenkabinett von Labour für Schottland zuständig.

Nach dem Wahlsieg 1997 wurde Robertson eher überraschend Verteidigungsminister. Dort aber hat er sich gut gehalten. Er vermied es, sich an parteiinternen Streitigkeiten zu beteiligen, und mit der Neuformulierung der britischen Verteidigungsdoktrin in Richtung eines an Menschenrechten orientierten Interventionismus vor einem Jahr hat er sogar bleibende Spuren hinterlassen.

Diese Spuren soll er nun nach Brüssel tragen, wo er als Nato-Generalsekretär die neue aktivere Nato-Rolle auf der Basis der traditionellen amerikanisch-britischen Waffenbrüderschaft umsetzen soll. Ob ihm das überall in Europa Freunde macht, ist fraglich. Aber bisher sind alle Reaktionen aus den Nato-Regierungen positiv, und die Nato weiß mit Robertson, wo sie steht. Dominic Johnson

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