: Die sächsische Landschaft verträgt keine Linken
■ Zittau-Löbau untersagt das Sommercamp der Kampagne „Kein Mensch ist illegal“
Berlin (taz) – Am Freitag untersagte das Landratsamt Zittau-Löbau das geplante Sommercamp der Kampagne „Kein Mensch ist illegal“ in Lückendorf. Begründung: Zelten im Landschaftsschutzgebiet ist verboten. Somit droht das für den kommenden Samstag geplante Camp, zu dem 600 Teilnehmer aus ganz Europa erwartet werden, auszufallen.
Zum zweiten Mal seit 1998 will die Kampagne mit einem Grenzcamp über die Situation von Flüchtlingen an der deutschen Ostgrenze informieren. Geplant sind unter anderem Kundgebungen auf dem Zittauer Marktplatz zum Thema „Festung Europa“. Und eine Gedenkveranstaltung für jene Kosovo-Flüchtlinge, die vor einem Jahr bei einer Verfolgungsjagd durch den Bundesgrenzschutz (BGS) ums Leben kamen.
Den Organisatoren war bislang nicht bekannt, dass das Zittauer Gebirge in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Mitorganisator Hagen Kreisel aus Görlitz: „Das Landratsamt kann Ausnahmen zulassen, wenn das Camp im öffentlichen Interesse liegt.“ Kreisel vermutet, dass der Landschaftsschutz als Begründung nur vorgeschoben wurde, um das politisch unbequeme Camp zu verhindern: „Die Staatsregierung weiß seit einem Jahr von unseren Plänen. Und wir haben bereits Verträge mit den Wasserwerken und der Müllabfuhr abgeschlossen.“
Das bevorstehende Camp hatte in den letzten Tagen im Raum Zittau für Diskussionen gesorgt: Nach einem Überfall organisierter Rechter auf ein Schwulen- und Lesbenfest in Zittau fürchten viele in der Region erneut gewalttätige Konfrontationen. Der Verpächter der Wiese wurde bereits telefonisch von der rechten Szene bedroht. In Lückendorf, so Kreisel, wären nahezu alle Bewohner über das Camp der „linken Chaoten“ entsetzt.
Bereits im vergangenen Jahr waren die Grenzcamper in Rothenburg bei Görlitz von den Lokalmedien als Chaoten angekündigt worden. Diese Wahrnehmung änderte sich jedoch im Laufe der zehn Aktionstage: Aus „Chaoten“ wurden in der Berichterstattung „Menschenrechtler“. Menschenrechtler allerdings, deren Vorstellungen von offenen Grenzen die Grenzbewohner ablehnend gegenüberstanden. Ob und wo die Veranstaltung stattfindet, ist unklar. Marina Mai
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