: Miele Combinette, Kleinod der Hausfrau
■ Lobpreisung des dreiflügeligen Pressstoff-Wäschebewegers
100 Jahre Miele. 100 Jahre im Dienste der Hausfrau. Will man den Fernsehspots Glauben schenken, war und ist Miele immer besser. Besser als die anderen? Vielleicht. Aber auch besser als das Vorgängermodell? Oder das Vor-vorvorvorvorgängermodell? Nach einem Besuch bei Martha Sodemann in Bad Krotzingen darf das bezweifelt werden.
Wenn man der rüstigen Rentnerin in ihre Wohnküche folgt, glaubt man sich in die fünfziger Jahre zurückversetzt. Linoleumfußboden, Eckbank mit rotem Kunstlederbezug, Küchentisch mit Wachstuchdecke und ein weiß lackiertes Massivholz-Küchenbuffet. Alles bestens gepflegt, blitzblank und tadellos in Schuss. Und neben dem Spülbecken das gute Stück: die Miele Combinette, Baujahr 1957, weiß glänzend, stattlich, mit einem blitzenden Bedienungshebel, der jedem amerikanischen Straßenkreuzer zur Ehre gereicht hätte.
Man glaubt es Martha Sodemann sofort, dass diese Waschmaschine, die in grauer Vorzeit den Kampf gegen den Grauschleier aufgenommen hat, auch heute noch dem Gilb kaum eine Chance lässt. „Mit den modernen Dingern könnte ich gar nicht umgehen“, meint Frau Martha, „die muss man ja programmieren. Meine Combinette muss ich nur hier einschalten, sehen Sie!“
In der Tat, die Combinette ist auch heute noch ein Wunder an Funktionalität, denn sie ist mit einem einzigen Bedienungshebel und einem Drehschalter kinderleicht zu bedienen und dank ihres technisch vollendeten Schlauchanschlusses an jeden Wasserhahn anzuschließen. „Und das Beste: Die Combinette wäscht und trocknet zugleich! Einfach 2 Kilo Trockenwäsche in den hochwertigen Chromstahlbottich mit dreiflügeligem Pressstoff-Wäschebeweger eingelegt, den großen Verschlussdeckel drauf, und ab geht die Post!“ Während der 80-minütigen Anheizzeit hat Martha Sodemann genügend Muße, mich mit allen Details ihres technischen Wunderwerks vertraut zu machen. Nach Beendigung des ebenso gründlichen wie schonenden Waschvorgangs muss sie nur noch den mittig angebrachten Bedienungshebel nach links drücken, um die Laugenpumpe in Gang zu setzen, die Wäsche in die Schleudertrommel aus Massivkupfer umfüllen und den kleinen Verschlussdeckel aufsetzen. „Schleudergeschwindigkeiten bis 1.400 Umdrehungen in der Minute sind für die Combinette kein Problem, und wenn es reicht, bremse ich die Zentrifuge einfach mit dem Bremshebel.“
Nach dieser eindrucksvollen Demonstration frühen deutschen Wasch-Engineerings wird klar: Neben der überaus günstigen Wasch- und Trockenleistung machte das besonders elegante und formschöne Äußere die Combinette wirklich zu einem „Kleinod der Hausfrau“, das sich auch vorzüglich als Küchenanrichte eignete. Während im Inneren die Gardinen von dem dreiflügeligen Pressstoff-Wäschebeweger herumgerührt wurden, konnte Mutti auf der hochglanzlasierten, äußerst widerstandsfähigen Kunststoffdeckelplatte das Abendbrot für ihre Lieben zubereiten. Mit Fleischsalat gefüllte Tomaten vielleicht oder leckere russische Eier.
Natürlich war die Combinette auch im Badezimmer „gut aufgehoben“, aber bei Frau Sodemann hat sie ihren Platz in der Küche. „Wissen Sie, ich hab vier Kinder großgezogen. Und mein Mann war Schlosser bei der Bahn. Aber seinen Blaumann hätten Sie mal sehen sollen – der war immer tadellos sauber.“ Wie Martha Sodemann es sagt, klingt es wie das Todesurteil für alle Frontlader ab Baujahr 62. „In den neumodischen Maschinen wird die Wäsche doch nur ein bisschen herumgedreht. Aber in der Combinette wird sie noch richtig gerührt!“
Nach diesem leidenschaftlichen Plädoyer ist es sonnenklar: Ohne Combinette gibt es kein vollkommenes Wäscheglück. So ein Gerät muss her! Deshalb meine Forderung an die Miele-Werke: – Ich will wieder einen Bedienungshebel statt 20 Drucktasten – Ich will meine Schleuder wieder selbst abbremsen können – Ich will wieder eine Waschtrommel mit dreiflügeligem Pressstoff-Wäschebeweger, auf dass meine Wäsche gerührt und geschüttelt werde nach alter Mütter Sitte! – Deshalb: Gebt uns unsere Combinette wieder!
Rüdiger Kind
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