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Lichtes Steuerdickicht

Linke und rechte Wirtschaftsprofs finden Steuern von 15, 25 und 35 Prozent gerecht. FDP freut sich, SPD streitet    ■ Von Christian Füller

Berlin (taz) – 15, 25, 35 Prozent – SPD-Fraktionschef Peter Struck möchte künftig Steuern nur noch in drei Tarifen erheben. Die Steuersätze für Simple eröffnen überraschende Koalitionen. Der linke Wirtschaftsprofessor Rudolf Hikkel verbrüdert sich in dieser Frage mit seinen ideologischen Gegnern vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). FDP-Chef Wolfgang Gerhardt, vor wenigen Wochen noch strammer Befürworter einer liberal-konservativen Option, schloss einen Schwenk zur SPD nicht mehr aus.

„Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung“, kommentierte Gerhardt die Idee von Struck, Steuern künftig nur noch zu drei Tarifen zu erheben. Diese flat tax (flache Steuer) gilt in den meisten OECD-Ländern. Die FDP beansprucht für sich, die Einführung in Deutschland als erste Partei gefordert zu haben. Bislang gilt hierzulande ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent, den die rot-grüne Koalition bis 2002 schrittweise auf 48,5 Prozent drücken will.

Hickel sagte gegenüber der taz, er habe „überhaupt nichts dagegen, Steuersätze von 15, 25 und 35 Prozent einzuführen“. Das würde die Transparenz des deutschen Steuersystems, „bei dem nicht mal mehr die Steuerberater durchblikken“, wesentlich erhöhen. „Es wäre ein historischer Schritt, den Dschungel der Steuervorteile und Freibeträge zu lichten“, meinte Hickel. Das Steuersystem wäre dann wegen der gewonnenen Verständlichkeit und der Entlastung auf alle Fälle wesentlich gerechter als bisher.

Der Steuerexperte Hickel, der zu den alternativen Wirtschaftsweisen der Memorandumgruppe zählt, fügte hinzu, dass eine solch radikale Vereinfachung des Steuersystems zwingend die Abschaffung von Steuerbegünstigungen und Abschreibungsmöglichkeiten nach sich zöge. Diese Haltung stützte auch der Steuerexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft, Winfried Fuest, der üblicherweise mit Hickels Thesen nicht übereinstimmt. „Alle Freibeträge und Ausnahmetatbestände des Steuerrechts müssten ausnahmslos weg“, sagte Fuest. Das würde nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Arbeitnehmer betreffen. Es gäbe kein Kilometergeld und keine Werbungskosten mehr, mit denen Lohnsteuerpflichtige ihre Abgabenlast drücken.

Fuest hatte 1996 in einem Gutachten geprüft, ob es finanzierbar wäre, den Spitzensteuersatz auf nur 28 Prozent zu senken. Das hätte Einnahmeverluste von 122 Milliarden Mark zur Folge, errechnete er. Der Geschäftsführer des IW hatte daher empfohlen, nicht unter 35 Prozent Spitzenbelastung zu gehen.

Wenig gute Laune hat Peter Struck mit seinem Vorstoß in der SPD verbreitet. Die gestrige Sitzung des Fraktionsvorstands endete wortkarg, weder Struck noch der stellvertretende Fraktionschef Joachim Poß wollten sich danach äußern. Schon am Morgen hatte Poß den Vorschlag seines Parteifreundes abqualifiziert: Fatal, abwegig, nicht finanzierbar, machte er Struck in der Osnabrücker Zeitung runter. Der Dreisatz von 15, 25 und 35 Prozent sei ein „neoliberales Modell“, dessen Verwirklichung den Fiskus 100 Milliarden Mark koste, sagte Poß, der steuerpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ist.

Der Industrie- und Handelstag begrüßte die in 15-, 25- und 35-Prozentschritten gestufte Steuer; der DGB lehnte sie strikt ab.

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