: McJobber machen mobil
■ Gewerkschaftsproteste am Alex gegen die Arbeitsbedingungen bei McDonald's. Bundesweite Aktionen bis zum Wochenende
„McDonald's ist einfach gut, noch besser mit Betriebsrat.“ Mit diesem flotten Slogan auf ihren T-Shirts stürmten gestern ein halbes Dutzend Aktivisten die McDonald's-Filiale am Berliner Alexanderplatz. Anlass war die bundesweite Kampagne der Gewerkschaft Nahrung – Genuss – Gaststätten (NGG). Damit wollen die Gewerkschafter auf die schlechten Arbeitsbedingungen bei der Fast-Food-Kette aufmerksam machen. Besonderes Ärgernis ist die Umsetzung der neuen Regel zu den so genannten 630-Mark-Jobs.
„Die Geschäftsführung zieht den geringfügig Beschäftigten 70 Mark extra im Monat ab, um damit den Arbeitgeberbeitrag zu den Sozialversicherungen zu zahlen“, begründete Ingrid Rudnik von der Berliner NGG die Protestaktion. Diese Beschäftigten, rund ein Drittel der Belegschaft, hätten eine dementsprechende Änderungskündigung unterschreiben müssen, andernfalls wären sie entlassen worden. Aus Unwissenheit oder Angst hätten sich viele darauf eingelassen, so Rudnik.
Auch dies ein Grund für die Gewerkschaftsaktion, die bis zum Ende der Woche im gesamten Bundesgebiet fortgesetzt wird. „Wir wollen die Beschäftigten über ihre Rechte aufklären“, sagt Hans Wirth, der seit 1952 in der Gewerkschaft ist. Jeden Tag ist der Rentner bei den Aktionen dabei. Die gestrige verlief außerordentlich ruhig. Nach zehn Minuten waren die pastellfarbenen Flugblätter auf die Tische gelegt, wo sie mit dem Mc-Morning-Flyer um die Aufmerksamkeit der Kunden buhlten: „Menschen machen sich stark“ versus „the morning can not be sweet genug“ – „Gesetzesbruch nicht hinnehmen“ gegen „please do not klecker auf your Hose“.
Nebenbei gab's eine Wundertüte für die Beschäftigten: Ein Briefumschlag voller Informationen über die tarifvertraglichen und gesetzlichen Rechte. Eine kleine Broschüre klärte über die Regelungen zu Arbeitszeit, Urlaub, Jahressonderzuwendung aus dem Manteltarifvertrag auf. Dazu ein Kugelschreiber. Damit kann man eine Postkarte an Gerd Raupeter, Mc-Donald's-Chef in Deutschland, mit der Bitte um „vernünftige Arbeitsbedingungen“ schreiben. Oder auch eine Beitrittserklärung für die Gewerkschaft.
Die Reaktionen auf die Flugblattaktion waren gemischt: Immerhin haben die Beschäftigten die Briefumschläge diesmal an sich genommen – obwohl es Weisungen gibt, jedes Flugblatt, das von außen kommt, beim Chef abzugeben. Und die Gäste? Die einen aßen, die anderen lasen.
Zum Beispiel, dass McDonald's mit einem Jahresumsatz von 3,8 Milliarden Mark das größte Unternehmen in der Gastronomie ist und bundesweit rund 50.000 Beschäftigte hat. Nur knapp ein Drittel von ihnen sind nach Gewerkschaftsangeben Vollzeitbeschäftigte. Der Stundenlohn liegt zwischen 11,04 und 12,66 Mark brutto. In Ostdeutschland erhält so ein Vollzeitbeschäftigter gerade mal 1.800 Mark brutto – bei ständig flexiblen Arbeitszeiten, unter hohem Zeitdruck, belastenden Arbeitsbedingungen und dem Druck, immer freundlich sein zu müssen.
Allerdings waren gestern nicht alle so freundlich, wie man dies von einem modernen Dienstleistungsunternehmen gewöhnt ist. Ein Beschäftigter sagte, ihn interessiere „der ganze Scheiß nicht“. „Ich habe meinen Urlaub gekriegt, zu mir war die Geschäftsführung immer korrekt.“ Weitere Nachfragen blockte der Restaurantleiter ziemlich deutlich ab: „Bitte verlassen Sie sofort das Restaurant, Sie halten die Mitarbeiter von der Arbeit ab.“ Richard Rother
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