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Artemije will Slobodan Milosevic vor Gericht sehen

■ Serbischer Bischof solidarisiert sich bei Protestkundgebung mit der Opposition und fordert Prozeß gegen Jugoslawiens Präsidenten vor dem UN-Tribunal in Den Haag

Der serbisch-orthodoxe Bischof Artemije hat der serbischen Opposition seine Unterstützung zugesichert und gefordert, Präsident Slobodan Miloševic vor das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu stellen. Bei einer Protestkundgebung in Valjevo sagte der Geistliche am Montag vor mehr als 6.000 Menschen, die Kirche unterstütze die Forderung nach einem Rücktritt der jugoslawischen Regierung. Miloševic gehöre vor das Haager Kriegsverbrechertribunal. Artemije, der erstmals bei einer Protestveranstaltung der Regimegegner sprach, rief die Opposition zudem zu Geschlossenheit auf.

Damit scheint der Geistliche doch noch in das Lager der Miloševic-Gegner übergewechselt zu sein. Noch im vergangenen Oktober hatte Artemije das Abkommen zwischen Miloševic und Holbrooke als „Aufgabe der serbischen Souveränität in Kosovo“ kritisiert. Der Kantonisierungsplan, den die serbische Kirche bei den Friedensverhandlungen in Rambouillet einbringen wollte, sah vor, dreißig bis fünfzig Prozent des Kosovo unter serbische Verwaltung zu bringen.

Auf die Forderung des Bischofs in Valjevo, Miloševic vor Gericht zu stellen, reagierten die Menschen mit Rufen wie „Nach Den Haag, nach Den Haag“ und „Rote Banditen, rote Banditen“.

Der Oppositionspolitiker und Chef der Demokratischen Partei, Zoran Djindjic, kündigte an, auf der Straße zu bleiben, „bis er (Miloševic) zurückgetreten ist.“

Es war das erste Mal, dass eine der Protestkundgebungen der Opposition, die seit dem Ende des Nato-Luftkriegs gegen Jugoslawien nahezu täglich stattfinden, von einer größeren Anzahl Polizisten begleitet wurde. Mindestens zwei Busse mit Polizisten waren aus den Städten Cacak und Belgrad nach Valjevo beordert worden, um bei etwaigen Ausschreitungen einzugreifen. Vuk Obradovic, ein früherer Armeegeneral und jetzt Chef der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei, sagte jedoch, Polizei und Armee stünden auf Seiten der Demonstranten.

Demgegenüber äußerte sich Dragan Veselinov, Vorsitzender der Koalition Wojwodina, skeptisch hinsichtlich des Erfolges der Demonstrationen. Die Proteste der serbischen Opposition gegen den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic seien wirkungslos. „Mit diesen Versammlungen wird das öffentliche Gewissen geweckt, aber so, wie sie organisiert sind, führen sie zu nichts“, sagte er. Die Kundgebungen dauerten normalerweise rund eine Stunde, danach würden die Oppositionsparteien weiter streiten: „Veränderungen sind notwendig, aber die kann nur eine vereinte Opposition erreichen.“

Die Koalition Wojwodina hatte am Montag die Bauern der Provinz aufgerufen, mit Straßensperren gegen Miloševic und für eine Erhöhung der Erzeugerpreise zu demonstrieren. Die Polizei räumte eine Sperre bei der Ortschaft Dunavac rund 30 Kilometer nördlich von Belgrad. Laut Veselinov wurden mehrere Bauern festgenommen. Die serbische Polizei habe gezeigt, dass sie immer noch Diener des Regimes sei, sagte Veselinov. Er kündigte weitere Straßensperren in der Wojwodina an. Der Region mit rund 2 Millionen Einwohnern wurde wie dem Kosovo 1989 die Autonomie aberkannt. dpa/AFP/rtr

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