Schönefeld auch öffentlich finanziert denkbar

■ Der Großflughafen Schönefeld soll notfalls auch mit öffentlichen Geldern betrieben werden. Scharfe Kritik an Verantwortlichen nach Urteil des Oberlandesgerichtes

Der Großflughafen Berlin-Brandenburg befindet sich weiter in schweren Turbulenzen. Nach dem Urteil des brandenburgischen Oberlandesgerichtes schließt Brandenburgs Finanzministerin Wilma Simon (SPD) nicht mehr aus, dass das Großprojekt im Süden Berlins auch von der öffentlichen Hand finanziert und betrieben werden könnte.

Zwar werde ein privater Investor für das acht Milliarden teure Projekt bevorzugt, so Simon. Allerdings könnten die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund den Flughafen bis zum Jahr 2001 oder 2002 auch allein planen. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte dazu, es sei noch zu früh, um solche Vorschläge zu kommentieren.

Das Oberlandesgericht hatte am Dienstag die Vergabepraxis an den Investor Hochtief für null und nichtig erklärt. Ursache waren Doppelmandate beteiligter Politiker sowie Unklarheiten bei der Entscheidungsfindung. Das unterlegene Bieterkonsortium IVG war gegen die Entscheidung vor Gericht gezogen. Jetzt haben die Gesellschafter der Berlin-Brandenburg Flughafen-Holding (BBF) erneut die Wahl zwischen den Angeboten von IVG und Hochtief.

Die Entscheidung hat schwerwiegende Konsequenzen. So rechnet Finanzministerin Simon damit, dass die Affäre das Land Brandenburg zwischen 30 und 40 Millionen zusätzlich kosten wird. 20 Millionen Mark an Mehrkosten seien allein im Verlauf der Privatisierung entstanden.

Die BBF-Holding rechnet damit, dass der bisherige Zeitplan bis zur Eröffnung im Jahr 2007 grundsätzlich eingehalten werden kann. Das Planfeststellungsverfahren, das bis zum Jahresende abgeschlossen sein muss, soll jetzt anstelle der Investoren die BBF-Tocher Projektplanungsgesellschaft (PPS) beim Verkehrministerium in Potsdam einreichen.

An den politisch Verantwortlichen wurde indes scharfe Kritik geäußert. „Der Senat kämpft tapfer gegen die finanziellen Interessen Berlins“, kommentierte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, Renate Künast. Einen Stopp der Bauplanungen, wie ihn die Grünen in Brandenburg forderten, lehnte der grüne Landessprecher Andreas Schulze jedoch ab. PDS-Fraktionschef Harald Wolf verlangte einen Planungsstopp: Es drohe ein „gigantisches Pleiteprojekt“.

Der brandenburgische CDU-Landesvorsitzende Jörg Schönbohm rief den den Aufsichtsratsvorsitzenden der PPS und Chef der Potsdamer Staatskanzlei, Jürgen Linde, zum Rücktritt auf. Er habe die „Dimension seines Versagens nicht begriffen“. Die Brandenburger PDS will eine Sondersitzung des Landtags beantragen.

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) kritisierte das Urteil des Oberlandesgerichtes als „Wechsel in der Rechtsprechung“. Fugmann-Heesings Doppelmandat im Aufsichtsrat des Hochtief-Konsortiums und auf der Auftraggeberseite war einer der Gründe dafür, dass das Gericht die Entscheidung für Hochtief für ungültig erklärt hatte. Der Bau des Flughafens Schönefeld ist das größte Projekt seit dem Bau des Kanaltunnels zwischen Frankreich und Großbritannien.

Andreas Spannbauer

Interview Seite 17