■ III. Wahl: Lachen Sie's weg
Was läuft eigentlich in den Dritten Programmen zwischen 17 und 20 Uhr?Zum Beispiel:
„Achtung Fettnäpfchen“, Mi, 17.43 Uhr, MDR
Es gibt ja ein großes Bedürfnis nach Wissen, wie man sich wo verhält, benimmt und präsentiert. Offenkundig besonders auf dem Gebiet der früheren DDR, was die Themenscouts des MDR gespürt haben müssen. Weshalb sonst läuft quotenmäßig recht, sehr recht erfolgreich jeden Mittwoch eine Sprechstunde, bei der Elisabeth Bonneau die Ärztin für Beschwernisse in allen Lebenslagen gibt. Vor allem, wenn die Zuschauer anrufen: „Wer geht zuerst eine Treppe hinauf – der Herr oder die Dame?“ (fast egal, Hauptsache, beide fühlen sich sicher), „Wie köpft man ein Ei?“ (Pellen ist erlaubt) oder „Wie schüttele ich über den Tisch hinweg die Hand?“ (gar nicht).
Fragen über Fragen, die die Benimmtrainerin undominahaft beantwortet. Manchmal vergisst sie, in die Kamera zu gucken, was schön wohnzimmerartig wirkt. Und sie stellt ja wirklich keine steifen Regeln auf, nur die, niemandem das Leben schwer zu machen. Bisweilen freilich harmonierte es nicht so recht mit dem Moderator, der auf ihren Hinweis, es ernst zu meinen, lacht – und wohl einfach nur nicht zugehört hat.
Am Mittwoch ging es speziell um „Leben wie anno dazumal“, also um Handküsse und manierierte Herren. Im Einspielfilm wurden dazu frackierte Herren gezeigt, die sich wie bösartige Zitate der Comedian Harmonists gaben. Einer von ihnen sagte doch tatsächlich: „Das Feeling der dreißiger Jahre ist schwer im Kommen“, was wir nun wirklich nicht hoffen möchten. Und ein weiterer Kostümierter meinte mit tuntigem Stimmchen, die einzige Frau, die er an sich heranließe, sei seine Maniküre – worüber nun Madame Bonneau gar nicht lachen wollte und anmerkte, dass Spott über „alternative Lebensformen“ nicht das sei, wofür ihre Sendung stünde.
Für die antiquierten Handküsse und sonstigen Unpässlichkeiten im Miteinander hatte sie dann wieder einen schönen Trost parat: „Lachen Sie's weg.“
Jan Feddersen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen