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Schuldnerberatung vor dem Aus

■ Solidarische Hilfe entlässt alle Mitarbeiter / Auch andere Beratungsstellen für Sozialhilfe-Empfänger in Gefahr? / Stadt kürzte alle Beratungszuschüsse wegen neuem Insolvenzverfahren

Der Laden in Hemelingen ist schon dicht, in der Neustadt herrscht noch Notbetrieb: Die „Solidarische Hilfe“ wirft gerade bei der Schuldnerberatung für Sozialhilfe-Empfänger die Brocken hin. Schuld seien die zum Jahresanfang gekürzten städtischen Zuschüsse. Sie gingen runter, weil die Stadt durch das neue Insolvenzrecht mit weniger Beratungsaufwand rechnete. Doch das Gegenteil sei eingetreten, klagt jetzt der kleinste Beratungsanbieter „Solidarische Hilfe“. Und auch andere freie Träger bangen, sagt Wolfgang Luz vom „Paritätischen Wohlfahrtsverband“.

Denn mit den Zuschüssen komme „niemand hin“, sagt Luz. Sechs Träger boten bis dato nach geltendem Sozialrecht Schuldenberatung für Sozialhilfe-Empfänger an. Die Pauschale dafür wurde gekürzt, weil das neue Insolvenzrecht seit Januar private Entschuldung per Gerichtsverfahren möglich macht. Das entlaste die Schuldenberater, hieß es zur Begründung. Schließlich würde der Fall irgendwann bei Gericht landen.

Aber nichts davon geschah. Die Berater berichten von Mehraufwand, von jede Menge Gläubigern, die zur gemeinsamen Schuldenbe-reinigung kontaktiert werden müssen. „Das sind bis zu 18 Parteien“, sagt Margot Müller von der „Solidarischen Hilfe“. Aber das größte Problem war laut „Caritas“-Schuldenberaterin Christine Elias: Irgendwann zeichnete sich ab, dass Bremen für Schuldner keine Prozesskostenhilfe zahlt. Das Amtsgericht lehnte laut Elias einen entsprechenden Antrag ab. Die Folge: Das Klientel ohne Einkommen nahm vom Insolvenzverfahren wieder Abstand – und verblieb somit in der Beratungskartei.

Das aber brachte die Träger ins Trudeln: Sie müssen immerhin für jede Beratungsstelle samt Berater und Verwaltungskraft rund 150.000 Mark Bewirtschaftungskosten pro Jahr aufbringen. Um dieses Geld einzuspielen, müssen bestimmte Fallzahlen her. Denn die Stadt zahlt Pauschalen pro Fall. Die gekürzten Zuschüsse führten deshalb bei gleichzeitiger Mehrarbeit zum finanziellem Engpass. Nur die größeren Träger konnten die Löcher dem Vernehmen nach erstmal durch Eigenmittel stopfen. Die kleine „Solidarische Hilfe“ nicht: „Wir haben nichts zum Ausgleichen“.

„Nachverhandeln“ will die Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (LAG) deshalb jetzt über die Pauschalen. Die LAG hatte dem neuen Entgelt auf Probe bis Ende September nur zugestimmt, „weil wir mit dem Gesetz noch keine Erfahrung hatten und auch von niedrigerem Bedarf ausgegangen waren“, sagt Geschäftsführerin Sylvia Gerking. Aber jetzt verlange man von der Sozialbehörde eine „Strukturanpassung“. Sonst müssten noch andere Beratungsstellen einschlafen, fürchtet der „Paritätische Wohlfahrtsverband“.

In der Sozialbehörde kann man die Aufregung nicht verstehen: Die Träger wollten immer „gut bezahlt werden“, sagt Referent Dieter Wienstroer. Bislang hätten sie noch nicht überzeugend argumentiert, daß die Bezahlung schlecht sei. Immerhin müsste man schon grundsätzlich darüber reden, „wieviele Jahre man jemanden berät. Über sieben Jahre hinweg?“. Schuldenfrei würde man doch eher durch „Arbeit statt Beratung“.

Davon wollen die Berater aber nichts hören: Sie fordern endlich Prozesskostenhilfe vom Land und somit eine entsprechend geänderte Insolvenzordnung. Nur so gebe es vielleicht für einige die Chance auf Schuldenfreiheit. kat

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