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Öcalans Wunsch ist der PKK Befehl

■  Auch der bewaffnete Arm der Kurdischen Arbeiterpartei will den Kampf einstellen und aus der Türkei abziehen. Die USA betonen die Notwendigkeit eines politischen Dialogs und fordern Meinungsfreiheit für die Kurden

Istanbul (taz) – Die Kurdische Arbeiterpartei PKK ist offenbar fest entschlossen, den bewaffneten Kampf innerhalb der Türkei tatsächlich zu beenden. Um alle Zweifel daran zu beseitigen, hat sich gestern nach dem PKK-Präsidium der bewaffnete Flügel der Partei, die ARGK, noch einmal gsondert gemeldet, und ihre Entschlossenheit zum Rückzug bekräftigt.

Der Wunsch von PKK-Chef Abdullah Öcalan, der am vergangenen Dienstag seine Partei aufgefordert hatte, den bewaffneten Kampf bis zum 1. September zu beenden und alle Einheiten aus der Türkei zurückzuziehen, sei für die ARGK ein Befehl. Man werde zwar noch vom Recht auf Verteidigung Gebrauch machen, aber sich aus der Türkei zurückziehen. Damit hat der Kommandant der ARGK, Cemil Bayik, der nach der Gefangennahme Öcalans als der einflussreichste PKK-Führer gilt, klargemacht, dass er sich weiterhin an die Weisungen Apos halten wird.

Für Bayik wird es jetzt darum gehen, im Nordirak und eventuell auch im Iran Rückzugsplätze zu finden, die es der PKK erlauben, ihre Leute erst einmal noch zusammenzuhalten. Demgegenüber plant die türkische Regierung mit einem sogenannten Reuegesetz, einfachen PKK-Mitglieder Straffreiheit anzubieten, wenn sie von den Bergen herunter kommen und sich ergeben.

Darüber hinaus hat die Regierung auf die angekündigte Einstellung des bewaffneten Kampfes zunächst einmal sehr skeptisch reagiert. Offiziell wird es „mit Terroristen“ keine Gespräche und keinen Handel geben, betonten Ministerpräsident Ecevit und Staatspräsident Demirel. Inoffiziell aber vielleicht doch. Statt der Regierung in Ankara hat gestern das US-Außenministerium die PKK-Ankündigungen als positiven Schritt begrüßt und erklärt, die PKK solle ihren Worten nun auch Taten folgen lassen.

Was das für die USA bedeuten würde, hat derzeit Unterstaatssekretär Harold Koh, der im US-Außenministerium die Abteilung für Menschenrechtsfragen leitet, klargemacht. Nicht ganz zufällig weilt Koh seit einer Woche in der Türkei und hat mehrere Tage lang den kurdisch besiedelten Südosten des Landes besucht.

Koh berichtete, er habe mit rund 1.000 Leuten geredet und einen intensiven Eindruck von der Situation bekommen. Darunter waren auch Gesprächspartner, die in Ankara als PKK-Symphatisanten gelten, wie der gefangene Menschnerechtler Akin Birdal und die ebenfalls im Gefängnis festgehaltene ehemalige kurdische Abgeordnete Leyla Zana.

Zurück in Ankara forderte Koh dann unter anderem mehr Meinungsfreiheit für Kurden und weitere Reformen zur Demokratisierung des Landes. Die Auseinandersetzungen mit den Kurden sind nach Einschätzung der USA nicht allein mit Gewalt zu lösen. Notwendig sei ein politischer Dialog, sagte Koh. Die USA unterstützten den Kampf der Regierung in Istanbul gegen die „terroristische PKK“. Doch könne ein Land gleichzeitig gegen den Terrorismus gekämpfen und dabei die Menschenrechte einhalten.

Man werde die Vorschläge einer großen befreundeten Nation sehr ernst nehmen, verkündete Ministerpräsident Ecevit im Anschluss mit eher säuerlicher Mine. Wenn die PKK bis September die Kämpfe in der Türkei tatsächlich einstellt, kann man davon ausgehen, dass die Vorschläge aus Washington in Ankara noch etwas dringlicher vorgetragen werden.

Die PKK-nahe Zeitung Özgür Politika behauptet gar, offizielle US-Stellen hätten bereits Kontakt zur PKK aufgenommen, letztlich mit dem Ziel, zwischen ihnen und der türkischen Regierung zu vermitteln. Jürgen Gottschlich

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