piwik no script img

Allein gegen den Kaufhof-Konzern

■ Der Berliner Teeladen-Inhaber Werner Schmitt kämpft gegen den verkaufsoffenen Sonntag. Er fühlt sich als Don Quichotte

Werner Schmitt kennt keine Kompromisse, wenn es um dieBerufsehre geht. Und weil dem Berliner der Dienst am Kunden über alles geht, pflegt der Inhaber des „Kings Teagarden“ am Ku'damm seine zwei Angestellten jede Woche in Warenkunde zu prüfen. „Ich stelle hier keinen Hansel oder eine Oma hin und kassiere ab“, sagt er streng.

Nur sonntags ist bei ihm kein Kunde König. Sein kleines Teegeschäft mit „Tearoom“, wo man bei klassischer Musik und Blick auf den Ku'damm die verschiedenen Sorten kosten kann, bleibt geschlossen. Dass viele nur an diesem Tag richtig Zeit haben, hält der 59-Jährige für „Quatsch“. Das sei „alles eine Frage des Organisierens“.

Nicht nur das. Alle Geschäfte sollten es so halten, findet Schmitt. Der Kaufhof am Alexanderplatz aber hatte vergangenen Sonntag kurzerhand alle Verkaufsartikel mit dem Aufkleber „Berlin-Souvenir“ ausgestattet. Denn Touristenbedarf darf neuerdings in Berlin-Mitte auch sonntags verkauft werden. Per einstweilige Verfügung wegen Wettbewerbsverzerrung zwang der Teeladen-Inhaber den Kaufhof dazu, das Teesortiment zuzuhängen. Weil es Schmitt aber dennoch gelang, eine Teekanne zu erstehen, droht dem Warenhaus nun eine Strafe von bis zu 500.000 Mark. Werner Schmitt fühlt sich als „Don Quichotte der Einzelfachhändler“. Der Kunde könne nur König sein, sagt Schmitt, wenn die 2,5 Millionen Beschäftigten im Einzelhandel auch die Chance hätten, „königliche Kaufleute“ zu sein. Und das sei nur der, der sonntags freihabe.

Stolz zeigt Schmitt auf die Öffnungszeiten an seiner eigenenTür. Bereits vor dem neuen Ladenschlussgesetz habe er sein Geschäft bis 19 Uhr offen gehalten.

Dass er die großen Warenhauskonzerne auch vor dem verkaufsoffenen Sonntag nicht eben gut leiden konnte, gibt Werner Schmitt gerne zu. Schon als er eine Interessengemeinschaft der Geschäftsleute am Kurfürstendamm zu gründen versuchte, zogen „die Topmanager der Konzernketten nicht mit“.

Schmitt ist nicht gegen eine liberale Ladenöffnungszeiten, im Gegenteil, der diplomierte Lebensmittelkaufmann will Einkaufen zum Erlebnis machen. Im Sommer etwa könne man doch „auch mal von mittags bis Mitternacht öffnen“. Doch der Sonntag ist ihm heilig. Enttäuscht ist der überzeugte Katholik deshalb darüber, dass „sein“ Kardinal, Georg Sterzinsky, nicht vor dem Kaufhof protestiert hat. Andreas Finke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen