: Online-City kein „steinernes Monument“
■ SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen zu den Vorschlägen seines CDU-Kollegen Eckhoff, das Hollerland zu bebauen
CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff will das Naturschutzgebiet Hollerland mit einem Online-Stadtteil bebauen (siehe taz von gestern). Mit der SPD ist das nicht zu machen, kontert Jens Böhrnsen, SPD-Fraktionschef, im Interview. Das liegt nicht so sehr an der Online-Idee – sondern an der Unantastbarkeit des Hollerlandes. Die SPD würde lieber im Süden der Universität weiterbauen.
taz: Herr Böhrnsen, ist das Hollerland der richtige Standtort für eine Online-City im Sinne von Herrn Eckhoff?
Jens Böhrnsen, Fraktionschef der SPD-Bürgerschaftsfraktion: Nein, das Hollerland steht dafür nicht zur Verfügung. Leider ist die Idee von Herrn Eckhoff nur deshalb geboren worden, um einen Vorwand für die Bebauung des Hollerlandes zu konstruieren. Das Hollerland ist ein Naturschutzgebiet von überregionaler Bedeutung. Das, was Herr Eckhoff vorschlägt ist nicht an den Standort Hollerland gebunden. Wir sind uns in der großen Koalition einig, dass wir den Technologiepark der Universität weiterentwickeln wollen. Die Ideen von Herrn Eckhoff kann man da sicherlich mit einbeziehen. Aber unterschiedliche Auffassungen bestehen, in welche Richtung der Technologiepark wachsen soll.
So ganz eindeutig sind die Konfliktlinien zwischen SPD und CDU nicht: Henning Scherf hat sich offen gezeigt für eine Bebauung des Hollerlandes.
Böhrnsen: Es zählt, was im Koalitionsvertrag festgelegt wurde. Der Technologiepark soll weiterentwickelt werden. Einigen müssen wir uns, ob die Erweiterung Richtung Norden ins Hollerland oder Richtung Süden erfolgen soll. Die SPD ist klar für die Südvariante. Der Flächenbedarf ist bis 2010 auf etwa 35 Hektar festgelegt worden, in den letzten Jahren waren das maximal 2,5 Hektar jährlich, die im Technologiepark vergeben wurden. Es gibt keine Notwendigkeit, in das Hollerland zu gehen, weil in der Südvariante weit mehr als 50 Hektar zur Verfügung stehen.
Sieht das auch Herr Scherf so?
Böhrnsen: Davon gehe ich aus, aber ich bin nicht sein Sprecher. Ich sehe da keinen Dissens mit dem Regierungschef.
Eine Studie zeigte: Die meisten Firmen sind nur aus Imagegründen im Techniologiepark und nicht wegen der Nähe zur Uni. Sollte man nicht aussortieren, bevor man das Gelände erweitert?
Böhrnsen: So allgemein kann man das nicht beantworten. Der Technologiepark ist eine Erfolgsgeschichte. Dort arbeiten 3.400 Menschen in 230 Firmen. Das man bei Neuansiedlungen sehr genau hinschauen muss, welche Firmen wirklich auf die Nähe zur Universität angewiesen sind, das versteht sich von selbst.
Bislang ist das nicht ausreichend geschehen, sagt die Untersuchung.
Böhrnsen: Das kann ich so nicht bestätigen. Das muss natürlich eine ständige Aufgabe bei der Unternehmensansiedlung sein. Aber der Technologiepark braucht eine Weiterentwicklung, die von hoher urbaner Qualität gekennzeichnet ist. Also Wohnen, Gastronomie und Freizeitangebote integriert.
Da gehen Sie jetzt also auf die Linie von Jens Eckhoff?
Böhrnsen: Dies sind die Vorstellungen der SPD. Herrn Eckhoffs Ideen beziehen sich auf Aspekte der Erweiterungskonzeption. Wenn man im Technologiepark weitere Arbeitsplätze entstehen lassen will, muss man die Stadtentwicklung in die Erweiterung einbeziehen.
Was spricht denn dann gegen einen Online-Stadtteil?
Böhrnsen: Erstmal gar nichts. Aber ein Online-Stadtteil ist kein steinernes Monument und bedarf keiner großen Gebäude. Die Online-Kommunikation zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie auf einer virtuellen Ebene unabhängig vom Standort basiert. Für eine solche Idee muss man nicht das Hollerland ins Blickfeld nehmen. Dafür kommen zum Beispiel der Science Park an der Internationalen Universität oder die Airportstadt oder Standorte in Bremerhaven in Frage.
Ist das Hollerland ein Faustpfand, das die CDU gegenüber der SPD als Druckmittel einsetzen kann?
Böhrnsen: Nein. überhaupt nicht. Es gibt schlicht Unterschiede. Die CDU hat ein Problem: Durch Gutachten wurde wiederholt bestätigt, dass das Hollerland unter besonderen Naturschutz zu stellen ist. Rein rechtlich ist es nicht denkbar, eine solche Erweiterung in das Hollerland vorzunehmen.
Das gilt nicht, wenn ein europaweit einzigartiges Modellprojekt für diesen Ort geplant würde.
Böhrnsen: Nein, auch dies ist rechtlich an Bedingungen geknüpft. So darf eine zumutbare Alternative nicht gegeben sein – es gibt aber Alternativen.
Fragen: cd
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