piwik no script img

Innensenator: „Ein Restrisiko gibt es immer“

■ Mit Millionenaufwand will das Land den Wettlauf gegen das Jahr-2000-Problem gewinnen

Däumchen drehen und abwarten, was passiert. Mehr können die Herren des Landesbetriebes für Informationstechnik (LIT) in der Nacht zum 1. Januar 2000 wohl nicht tun. Wenn alles planmäßig läuft, wird nichts passieren. Nichts, das heißt, alles ist wie vorher: Ampeln funktionieren, Fahrstühle fahren, Mahnbescheide werden pünktlich erstellt, die Feuerwehr ist einsatzbereit.

Doch niemand weiß, ob um 0.01 Uhr noch alles so sein wird wie vorher. „Ein Restrisiko gibt es immer“, räumte Innensenator Eckart Werthebach (CDU) gestern bei einer Pressekonferenz im LIT ein. Dort stehen jene Großrechner, die den Großteil der Datenverarbeitung für die Senatsverwaltung übernehmen. Damit nichts schief geht, sollen schon zum 31. Oktober sämtliche Vorbereitungen zum „Jahr-2000-Problem“ (im Fachjargon: Y 2 K) abgeschlossen sein. Bereits seit 1996 wird in Berlin jeder einzelne Chip auf den Kopf gestellt. Ist er nicht Jahr-2000-fähig, muss er ausgewechselt oder ein neues Programm geschrieben werden. Weit über 100.000 Endgeräte sind davon betroffen, ob Telefon oder Faxgerät, Großrechner oder Arbeitsplatz-PC. Die zum Teil prozessorgesteuerten Lichtschalter der Wilmersdorfer LIT-Zentrale haben ihre Jahr-2000-Fähigkeit schon unter Beweis gestellt.

Am Ende des Jahres wird sich die Gesamtrechnung für die Fehlerbehebung auf gut 8 Millionen Mark für den Senat summieren. Dabei ist das Problem scheinbar simpel. Um keinen kostbaren Speicherplatz zu verschwenden, wurden bis in die späten 80er Jahre hinein nur die letzten beiden Ziffern einer Jahreszahl festgehalten – also 99 statt 1999. Das Jahr 2000 existiert für solche Chips nicht. Sie fangen wieder bei null an, dem Jahr 1900. Das kann sogar Toaster mit chipgesteuerter Zeitschaltuhr aus dem Tritt bringen.

Der Senat hat das Problem zur Chefsache erklärt. Die Innenverwaltung koordiniert die Arbeiten. Um den GAU zu verhindern, dürfen die „Y 2 K“-Jäger keinen Fehler übersehen. Deshalb verliert jedes automatisierte Verfahren, wie die Ausstellung von Mahnbescheiden, seine Gültigkeit, wenn es nicht bis Ende Oktober den grünen Prüfstempel des LIT trägt. Jede Behörde wird so gezwungen, sich um ihre Chips zu kümmern, wenn sie nicht schon im Herbst ihre Post per Hand eintüten will. Thorsten Denkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen