piwik no script img

Am Grundgesetz fummeln

■ SPD-Politiker verteidigt Kirchbach und befürwortet Binneneinsatz der Bundeswehr

Frankfurt/Main (AP/taz) – Trotz aller Dementis beruht die Diskussion um künftige Binneneinsätze der Bundeswehr auf realen Überlegungen von Fachleuten und Politikern. Der Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Helmut Wieczorek, befürwortete gestern im Hessischen Rundfunk, dass Soldaten künftig Hilfsaufgaben für die Polizei übernehmen können. Die Bundeswehr solle zwar nicht generell Polizeiaufgaben übernehmen, dies aber „gelegentlich“ tun können. Er sieht darin keinen Verstoß gegen das Grundgesetz, das den Einsatz der Streitkräfte im Innern verbietet. Allerdings seien die einschlägigen Bestimmungen nicht mehr zeitgemäß. Man müsse möglicherweise überdenken, welche Aufgaben die Bundeswehr künftig haben solle, und die Verfassung anpassen.

Wieczorek verteidigte ausdrücklich einen entsprechenden Vorstoß von Generalinspekteur Kirchbach, über den Bild berichtet hatte und der zunächst vollmundig vom Verteidigungsministerium und Kirchbach selbst dementiert worden war. Wiezcorek riet der Bundesregierung, mit der Form von Dementis „sehr zurückhaltend“ zu sein. Kirchbach habe zum Nachdenken anregen wollen. Dagegen sei nichts einzuwenden. Bild berichtet, dass die Bundeswehr-Reformkommission am 20. Mai über den möglichen Einsatz der Bundeswehr im Inland diskutiert habe. Nach dem Protokoll der Sitzung, an der auch Bundesinnenminister Otto Schily teilgenommen habe, seien als Beispiele dafür die Bekämpfung des Terrorismus und der Weiterverbreitung von Atomwaffen sowie die Grenzsicherung genannt worden.

Bild zitiert folgenden Passus aus dem Protokoll: „Im Rahmen seines Diskussionsbeitrages machte der Minister (Schily, d. Red.) deutlich, dass das verfassungsrechtliche Trennungsgebot der inneren und äußeren Sicherheit möglicherweise nicht mehr überall sinnvoll sei, sich aber grundsätzlich bewährt habe.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen