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Spiel mir das Lied vom Tod

Das Alabama-Kino auf Kampnagel im Kreuzfeuer: Finanzbehörde und Investor streiten um die besten Konditionen  ■ Von Ulrike Bals

Es war schon besonders, das alte Alabama-Kino in Eidelstedt. Ob Underground-Band oder B-Movie, die Leinwand des legendären Lichtspielhauses zeigte 20 Jahre lang deutsche Kinokultur abseits des Mainstreams. Einfach Kult, die allmonatlichen Vorführungen von Sergio Leones Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“. Und wie es scheint, ist das Western-Epos über Geldgier und Macht gerade in den jüngsten Kinotagen wieder hochaktuell.

Abgerissen ist das alte Alabama. Seit 1994 verwirklicht der ehemalige Betreiber Michael Konrad seinen Kino-Traum auf Kampnagel, gemeinsam mit Doris Bandholt und Pia Frankenberg. Theater und Film – eine fruchtbare Ergänzung, findet auch der künstlerische Leiter von Kampnagel, Res Bosshart. Die langwierigen Baumaßnahmen durch Tiefgarage und Randbebauung des Geländes kosteten das Kino jedoch zuletzt bis zu 30 Prozent seiner Besucher. Im September vorigen Jahres mußte es schließen. Für die Betreiber insofern nicht tragisch, als sie langfristig ohnedies einen Neubau planten, um das Kino auf vier Säle mit insgesamt 800 Plätzen zu vergrößern.

Die Vorbedingungen schienen auch günstig. Sowohl Kampnagel als auch Kulturbehörde signalisierten großes Interesse. Und in dem Lübecker Immobilien-Investor Kift & Kift fand sich ein engagierter Partner, der darüber hinaus sogar bereit war, die gastronomische Struktur Kampnagels auszubauen. Eine wichtige Voraussetzung, so dessen kaufmännischer Direktor Jack Kurfess, um den Kulturbetrieb weiterhin tragfähig zu halten.

Trotzdem gestalteten sich die Verhandlungen im Folgenden äußerst zäh. Zunächst sorgten falsch berechnete Stellplatz-Forderungen des Bezirksamtes Nord für Verwirrung. Dann erwies sich der von der Finanzbehörde vorgelegte Mietvertrag für das Gelände als zu knapp bemessen. 13 Jahre waren für den Kreditgeber des Investors indiskutabel. Kein Wunder, bedenkt man, daß für Immobilien dieser Größenordnung oft 20 Jahre Amortisationszeit gerechnet werden.

Die Finanzbehörde erklärte sich zwar inzwischen mit einer Verlängerung auf 15 Jahre einverstanden. Da es sich jedoch um öffentlichen Baugrund handelt, besteht das Liegenschaftsamt auf der gesetzlichen Rückbauverpflichtung nach Ablauf des Mietvertrages. Für die kalkulierten Abrißkosten muß der Investor eine Bürgschaft von zwei Millionen Mark gewährleisten. Konrad bezweifelt jedoch, ob sich unter einem derartigen ökonomischem Druck überhaupt noch anspruchsvolles Kino machen läßt.

Seit einem Jahr hängt das Projekt in der Schwebe. Ein ganz normales Procedere, meint Ingo Mix von der Kulturbehörde. Nur den Betreibern geht allmählich die Luft aus. In spätestens drei Wochen wollen sie eine endgültige Entscheidung treffen. Schließlich, so Michael Konrad, gebe es auch noch andere Gebiete für gutes Kino.

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