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Dich kriegen wir auch noch

■ In dem Mockumentary „Drop Dead Gorgeous“ macht sich Michael Patrick Jann über den Schönheitswahn der High-School her

Wenn man eine Lehre aus dem Massaker von Littleton ziehen kann, dann, dass die Welle der Teen-Filme, die gegenwärtig über den Atlantik schwappt, ziemlich genau den Horror des Kasten- und Wettbewerbssystems amerikanischer Provinz-High-Schools abbildet. David Nutters Dich kriegen wir auch noch etwa wirkte fast wie die vorweggenommene Verfilmung der Geschichte aus der Sicht eines der Attentäter. Was hier als stereotype Phantasie Hollywoods erscheinen mag, ist bittere Realität. Männlichen Jugendliche leiten „peer pressure“ und Leistungsdruck, dem sie sich nicht mehr gewachsen fühlen, nicht selten nach außen ab. Der innere Terror wird zum Terror gegen die Umwelt. Wie Mädchen mit solchen Problemen umgehen, ist selten Thema medialen Interesses, da sie ihre Aggressionen weit häufiger gegen sich selbst richten.

In einer Szene aus Michael Pat-rick Janns pseudo-dokumentarischer Satire über Schönheits- und Erfolgswahn Drop Dead Gorgeous besuchen die beiden aussichtsreichsten Bewerberinnen auf den Titel in einem lokalen Teen-Schönheitswettbewerb, die Vorjahressiegerin. Sie liegt im Krankenhaus, im Flügel für Magersüchtige. Dennoch lässt es sich die regierende Schönheitskönigin nicht nehmen einige Tage später, auf der Wahlveranstaltung ihrer Nachfolgerin zur Musik von „Dont Cry Out Loud“ einen Tanz aufzuführen. Eine Krankenschwester schiebt sie dabei mit dem Rollstuhl über die Bühne.

Die Drastik des Humors dieser Szene mag an Verrückt nach Mary erinnern, doch Michael Patrick Jann weiß seine sarkastischen Übertretungen genauer einzusetzen als die Farrelly-Brüder. Beruhte deren Erfolg gerade darauf, dass sich jeder und somit niemand angegriffen fühlen konnte, hat Drop Dead Gorgeous ein konkretes Ziel im Visier: die bizarren Blüten einer auf Erfolg und den schönen Schein getrimmten Gesellschaft. Und was wäre dafür geeigneter als ein Mockumentary über einen Schönheitswettbewerb in einem Kaff irgendwo in Minnesota.

Auf dem Fantasy-Filmfest in Köln gab es Szenenapplaus, in Amerika wurde der Film jedoch verrissen: Allzu offensichtlich suche er sich Opfer und schlage auf ein stereotypes Bild der amerikanischen Provinz ein, befanden die Kritiker. Das ist aber nicht der Punkt. Die Drehbuchautorin Lona Williams hat in ihrer Jugend selber einmal an einem „Miss Teen Princess“-Wettbewerb teilgenommen und weiß also, wogegen sich ihr Sarkasmus richtet. Es ist eine gerechte Rachsucht, die sie antreibt. Denn die Mechanismen, die sie offenlegt, killen Teenager. Sven von Reden

heute: 22.30 Uhr, Cinemaxx 2

Programmänderung: statt „Komodo“ läuft heute um 16 Uhr Neil Jordans „In Dreams“

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