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Praktizierte Religionsfreiheit

Erstmals will eine Muslimin mit Kopftuch in Hamburg Lehrerin werden. Schulbehörde: Wir machen Einstellung nicht am Tuch fest  ■ Von Elke Spanner

Sogar Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) war der Meinung, dass es „darauf ankommt, was ein Mensch im Kopf hat, und nicht, wie er diesen bedeckt“. Dennoch verweigerte die Schulbehörde im Ländle voriges Jahr einer Muslimin den Job als Lehrerin, weil diese im Unterricht ein Kopftuch tragen wollte. Das sei intolerant gegenüber den SchülerInnen, befand Kultusministerin Annette Schavan (CDU), das Kopftuch stehe als „Symbol für kulturelle Abgrenzung“. Die wittert die hiesige Schulbehörde eher in der Weigerung, MuslimInnen an staatlichen Schulen zu beschäftigen. Erstmals in Hamburg wird nun eine zum Islam konvertierte Deutsche, die schon während des Referendariats den SchülerInnen im Kopftuch gegenübertrat, in den Schuldienst übernommen.

Im Referendariat unterrichtete die Frau die Fächer Mathematik und Deutsch an Grundschulen in Osdorf und Blankenese. Niemals habe ihr Kopftuch dort Anstoß erregt, sagt die Sprecherin der Schulbehörde, Viola Griehl. Durch den heftigen Streit in Baden-Württemberg sensibilisiert, sei die Lehrerin offensiv mit dem Thema umgegangen, habe etwa auf Elternabenden bereitwillig die Bedeutung der Kleiderordnung für ihren Glauben thematisiert.

„Die Entscheidung, wen wir einstellen, machen wir nicht am Kopftuch, sondern an den Noten und dem Bedarf an den Schulen fest“, so Griehl. „Ihre Übernahme in den Schuldienst steht an, sobald eine Stelle mit ihrer Fächerkombination zu vergeben ist“.

Die Hamburg-Welle des NDR sah gestern hingegen bereits einen Streit heraufziehen, ohne jedoch Stimmen zitieren zu können, die sich gegen die Einstellung der Muslimin aussprachen. Auch auf politischer Ebene zeichnet sich kein Dissens über die Frage ab. Zwar hatten die Grünen in Baden-Württemberg gegen das Kopftuch im Unterricht votiert. Die Hamburger GAL folgt laut ihrem Bildungsreferenten Armin Oertel hingegen einem Beschluss der Bundesgrünen von Juni diesen Jahres. Und der sieht im Kopftuch keine Gefahr, sondern einen Akt der Ausübung des Grundrechts auf Religionsfreiheit.

Dass es in Hamburg bisher noch keinen Fall gab, in dem eine Muslimin mit Kopftuch unterrichten wollte, dürfte daran liegen, dass bis 1997 nur deutsche Staatsangehörige LehrerInnen werden konnten – und die wenigsten Deutschen folgen dem Koran. Denn bis vor zwei Jahren standen ausschliesslich BeamtInnen vor den Klassen, und den Status zu erlangen, setzte einen deutschen Pass voraus. Seither werden LehrerInnen nur noch als Angestellte unter Vertrag genommen. Die Übernahme jener Muslimin in den Schuldienst könnte folglich zum Präzedenzfall werden.

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