USA wollen Raketenabwehrvertrag aufweichen

■ Washington rüstet auf gegen „Schurkenstaaten“. Neben dem Start-III-Vertrag ist dies Verhandlungsgegenstand von amerikanischen und russischen Experten in Moskau

Genf (taz) – Die USA wollen den 1972 in Genf mit der damaligen Sowjetunion vereinbarten Raketenabwehrvertrag (ABM) verändern, der ihren Plänen für ein neues bodengestütztes Raketenabwehrsystem im Wege steht. Die Wünsche der Clinton-Administration laufen auf eine weitgehende Aufweichung des Vertrages hinaus und sind zentrales Thema bei den am Dienstag in Moskau begonnenen Gesprächen zwischen Rüstungskontrollexperten der USA und Russlands.

Das im Frühjahr vom Kongress in Washington gebilligte Rüstungsprogramm der Clinton-Administration sieht vor, das US-Territorium flächendeckend durch insgesamt 100 Abwehrsysteme gegen feindliche Raketen zu schützen. Der ABM-Vertrag erlaubt(e) den USA und der Sowjetunion/Russland nur jeweils ein Abwehrsystem, das beide Großmächte zum Schutz ihrer Hauptstädte stationierten.

Seit Präsident Ronald Reagans „Star War“-Programm hatten die USA ihre diversen Pläne für weltraum- oder bodengestützte Raketenabwehrsysteme fast 20 Jahre lang als kompatibel mit dem ABM-Vertrag bezeichnet. Die Forderung nach einer Veränderung begründet Washington jetzt damit, dass der der „Kalte Krieg vorbei“ sei. Das geplante Raketenabwehrsystem richte sich „nicht gegen Russland“, sondern gegen Bedrohungen durch sogenannte „Schurkenstaaten“ wie Nord-Korea oder Irak sowie andere Länder, die vermeintlich oder tatsächlich eigene Raketenrüstungsprogramme verfolgen.

Neben dem Thema „ABM-Vertrag“ steht auf der Tagesordnung der Moskauer Gespräche die Vereinbarung eines Zeitplanes für die Verhandlungen über ein Start-III-Abkommen zur Reduzierung der strategischen Atomwaffenarsenale beider Seiten auf 2.000 bis 2.500 Sprengköpfe. Das russiche Parlament hat allerdings bislang noch nicht den Start-II-Vertrag ratifiziert. Andreas Zumach

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