: Deutscher in Israel verurteilt
Steven Smyrek soll im Auftrag der libanesischen Hisbullah einen Selbstmordanschlag geplant haben. Jetzt droht ihm zweimal „lebenslänglich“ ■ Aus Tel Aviv Susanne Knaul
Der 27jährige Steven Smyrek aus Niedersachsen ist gestern von einem Gericht in Tel Aviv schuldig gesprochen worden, Mitglied in der schiitischen libanesischen Widerstandsorganisation Hisbullah (Partei Gottes) zu sein und ihr Informationen beschafft haben zu wollen. Smyrek befindet sich seit über eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft und musste sich vor Gericht in folgenden Anklagepunkten verantworten: Verschwörung gegen die Sicherheit Israels, Kontakt zu einer feindlichen Organisation, Weitergabe von Informationen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Das Strafmaß soll heute bekannt gegeben werden. Anschließend könnte Deutschland seine Überstellung beantragen.
Smyrek war im Dezember 1997 auf dem Flughafen Ben Gurion verhaftet worden. Zuvor hatten anscheinend das Bundeskriminalamt oder das Landeskriminalamt in Niedersachsen entsprechende Informationen an den israelischen Geheimdienst weitergereicht. „Mein Mandant wurde gleich nach seiner Ankunft von Beamten des israelischen Shabak [Allgemeiner Nachrichtendienst, d. Red.] in Empfang genommen und verhört“, erklärte Smyreks erster Anwalt Dan Assan. Nach Ansicht des Verteidigers ein späteres Geständnis des Angeklagten durch „Verhörmethoden entstanden, die nach deutschem Recht als unzulässiges Druckmittel gelten würden“. Ohne konkret Bezug nehmen zu wollen, berichtet Assan über „generell übliche Mittel“, wie Schlafentzug, stundenlanges Verharrenlassen unter einem Stoffsack und gezielte Irreführungen. Smyrek habe überdies mehrere Wochen „in Isolationshaft verbracht“.
Das Geständnis bildete monatelang die einzige Beweisgrundlage in dem Prozess. Dennoch scheiterten Staatsanwaltschaft und Verteidigung an einer Einigung über das Strafmaß, mit der ein langwieriger Prozess hätte vermieden werden können. Ebenso gelang es Rechtsanwalt Assan nicht, für seinen Mandanten eine Überstellung an die deutschen Behörden zu erwirken. Assan legte sein Mandat nieder, nicht zuletzt weil Smyreks Familie die Verteidigungskosten nicht tragen wollte. Der Anwalt und sein Mandant hatten gehofft, die Finanzierung durch den Verkauf der Exklusivrechte für die Berichterstattung sichern zu können, doch das scheiterte an mangelndem Interesse.
Eine Verurteilung durch ein deutsches Gericht wäre für Smyrek vor allem mit Blick auf das mögliche Strafmaß günstiger gewesen. Die Höchststrafe für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung liegt in Israel bei zweimal „lebenslänglich“ plus fünf Jahren Haftzeit.
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