: Das Ende der Sonnyboys im Privatfernsehen
■ Mit dem Abgang von Pro7-Chef Kofler wird Privat-TV endgültig Renditeveranstaltung
Was waren das für Jahre: Wo immer sich die Medienbranche traf, saß zwischen dem langjährigen RTL-Boss Helmut Thoma und Sat.1-Chef Fred Kogel ein jungenhafter Kerl, der noch braungebrannter war, sich noch mehr selber lobte, noch jüngere Moderatorinnen im Arm hatte und noch penetranter Pointen setzte. Pro7-Chef Georg Kofler, der mal Skilehrer war und nun in Gala Möbel und Gattin vorführte, schien der Goldjunge des deutschen Privat-TV. Nun hat Kofler vorgestern Abend, laut Augenzeugen „mit zitternder Stimme“, seinen Abgang angekündigt. Er werde noch bis Ende 2000 seinen Vertrag erfüllen. Noch vor wenigen Tagen hörte sich das anders an: Nur über „einige zusätzliche Freiheiten für Privatengagements“ rede er mit den Gesellschaftern Thomas Kirch (60 Prozent) und Rewe (40 Prozent), so Kofler. Statt der Freiheiten gaben sie Kofler den Laufpaß.
Damit hat Kofler einer fallen lassen, dem der Pro7-Chef alles verdankt und der ihm einiges verdankt: Leo Kirch. Dem hatte Kofler gedient, bevor er für Kirch den 1988 den Minikanal Eureka übernahm und zum Erfolgssender Pro7 machte. 1997 hatte Kofler Kirch aus der Klemme geholfen, indem er den Börsengang von Pro7 inszenierte, bei dem Kirch 750 Millionen Mark zuflossen. Der Kanal hatte die begehrtesten Zuschauer, lag bei den Werbebuchungen über Kirchs quotenstärkerem Sat.1 und warf als erster Kirch-Kanal Geld ab. Schon kündigte Kofler an, Pro7 werde bald auch bei den Quoten zu RTL und Sat.1 aufschließen.
Doch auch wenn Kofler weiter tönte, sah die Sache bald mau aus: Immer weiter hinkte der Börsenkurs trotz ordentlichen Gewinns hinter den boomenden Medienaktien und zeitweise auch hinter dem Dax her. Immer konzeptionsloser versuchte Kofler die Pro7-Begeisterung zu halten: Die News-Offensive, die Digital-TV-Offensive und die Business-TV-Offensive wurden alle stillschweigend wieder abgeblasen. Führungskräfte wurden gefeuert und eingestellt. Statt auf zehn Prozent zu steigen, sackten die Zuschauerzahlen deutlich unter neun Prozent – nur der Tochtersender Kabel 1 reüssierte. Zuletzt kaufte Kofler die marode DDR-Nachrichtenagentur ADN und kündigte fürs kommende Jahr einen Nachrichtenkanal an, dem in der Branche kaum Chancen gegeben werden. Als Spielfilmsender hat Pro7 wegen der Unsicherheit des Rechtemarktes wenig Zukunft, doch die Enterntainment- und Eigenformate („Mallorca“) floppen. Zudem will Kirch offenbar Pro7 mit Sat.1 in seine Holding Kirch-Media einbringen – wovon Kofler wohl nicht viel hält.
Gut möglich, daß demnächst Kabel1-Chef Ludwig Bauer den Laden übernimmt. Eher ein nüchterner Mann vom Schlage des neuen RTL-Chefs Gerhard Zeiler, der dort den tönenden Helmut Thoma ablöste. Rendite statt Glamour ist das Ziel. lm
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen