■ Mit Konzerntaktik auf du und du: Konkurrenz verhindern
Berlin (taz) – Konkurrenz – kein schönes Wort in den Ohren manchen Großunternehmers. Die Vorstände der meisten Energieversorger tun erstaunt, dass sie ihre Monopolgebiete nunmehr teilen sollen. Dazu zwingt die Versorger jedoch die von der Europäischen Union durchgesetzte Öffnung des Energiemarktes, die seit 1998 grundsätzlich auch in Deutschland per Gesetz eingeführt ist.
Dreh- und Angelpunkt – und zugleich größtes Problem – des freien Strommarktes ist die Durchleitung der Energie durch die bestehenden Leitungsnetze. Wenn etwa eine Kölner Stromkundin ihren Strom nicht länger von den Kölner Stadtwerken beziehen will, müssen diese den Saft eines anderen Anbieters – ob er in Berlin sitzt oder München – durch ihre Kabel zur abtrünnigen Kundin leiten.
Doch praktisch blockieren viele örtliche Monopolisten bislang die Durchleitung fremden Stromes. Als einer der größten hat sich die Berliner Bewag damit hervorgetan.
Mittlerweile kippt diese starre Haltung, doch ersatzweise verlangen die angestammten Versorger hohe Gebühren für die Durchleitung. RWE etwa stellt pro Kilowattstunde fremden Lieferanten elf Pfennig in Rechnung, was den Strom auf der Kundenrechnung um 40 Prozent verteuert.
Nicht nur der neue Anbieter Vasa Energy (Hamburg) beschwert sich deshalb, schlechte Chancen zu haben. Tatsächlich versuchen die alten Versorger, die Geschäfte der unerwünschten Konkurrenz mittels der Durchleitungsgebühr zu behindern, während sie ihre bisherigen ZwangskundInnen mit billigeren Tarifen (siehe Text links) bei der Stange halten wollen. Im Herbst müssen sich Energiewirtschaft und Industrie auf eine neue Verbändevereinbarung einigen, doch niemand erwartet, dass die Durchleitungsgebühr unter zehn Pfennig sinkt. Zum Vergleich: In Schweden liegt sie zwischen fünf und acht Pfennig pro Kilowattstunde.
Angesichts der Liberalisierung in ihrer gegenwärtigen Form besonders gefährdet sind die Anbieter von umweltfreundlich, aber oft teurer erzeugtem Strom. Durch billigere Tarife der Konzerne einerseits, durch die Durchleitungsgebühren andererseits vergrößert sich die Preisspanne zwischen normalem und sauberem Strom noch weiter.
Hellen Wobst vom Öko-Anbieter Naturstrom AG fordert deshalb, sauberen Produzenten die Durchleitungsgebühr zu erlassen. Auch Greenpeace setzt sich für die stärkere Subventionierung ein – etwa in Form einer höheren Zuzahlung des Staates im Rahmen des Stromeinspeisegesetzes. Hannes Koch
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