: „Noch sind wir in der Gesprächsphase“
■ Vor der Rentenkonferenz mit der SPD-Fraktion gibt sich der DGB moderat: Ja zum Sparkonzept der Regierung, aber nein zum Einfrieren der Renten, so Gewerkschaftsvize Ursula Engelen-Kefer
taz: Der Kanzler spricht ein Machtwort, und schon will der Deutsche Gewerkschaftsbund nicht mehr mit der Regierung streiten. Ist die Kontroverse um die Rente so schnell vom Tisch?
Ursula Engelen-Kefer: Wir treffen uns mit der SPD-Bundestagsfraktion und werden ihr sagen, dass wir viele Entscheidungen der Regierungskoalition gut finden. Auch die weiteren Pläne zur Rentenstrukturreform halten wir für diskussionswürdig. Wir sagen aber auch, dass wir nicht einverstanden sind, dass die Rentensteigerung in den beiden kommenden Jahren an die Inflation angepasst werden soll. Wir bieten bei dem Thema auch Brücken an. Wir sind schon der Meinung, dass sich auch Rentner am Sparpaket, das uns alle trifft, beteiligen müssen. Aber nun haben die Rentner durch die Strukturreformen in der Vergangenheit ja schon eine Menge bluten müssen. Auch die Heraufsetzung der Altersgrenze ist ja weiterhin in Kraft, dadurch werden diejenigen, die nah an der Rente sind, ja auch schon belastet. Wir könnten uns vorstellen, dass die Verbesserungen, welche die Regierung zugunsten der Familien mit Kindern macht, nicht in die Rentensteigerungen eingehen. Da sind wir kompromissbereit. Aber wir akzeptieren nicht eine willkürliche Außerkraftsetzung der Rentenformel für zwei Jahre auf der Basis der Inflationsentwicklung.
Wie lauten Ihre Forderungen an die Bundesregierung?
Wir sind nicht gegen das Sparkonzept. Aber warum muss der Beitrag für Arbeitslosenhilfeempfänger in der Rentenversicherung reduziert werden? Wenn das unterbleiben würde, würde das ganze Sparen bei der Rente nicht notwendig. Warum müssen Unternehmen steuerlich so stark entlastet werden? Wir akzeptieren eine Herabsetzung der Steuerspitzensätze, wenn man auf der anderen Seite, beim Schließen von Steuerlöchern oder Streichen von Steuersubventionen, Gegenpositionen hat. Wir brauchen keine Nettosteuerentlastung der Unternehmen. Wir können nicht alle belasten, aber diejenigen mit dem hohen Vermögen oder den Erbschaften frei ausgehen lassen. Wäre das gemacht worden, wären nicht die Falschen getroffen worden und man müsste nicht willkürlich in die Rentenformel eingreifen.
Sie nutzen das Gespräch, um das gesamte Sparpaket zu diskutieren?
Nein, aber wenn wir nach Alternativen zur Rente gefragt werden, würden wir dies entsprechend deutlich machen.
Plädiert der DGB für eine neue Vermögenssteuer?
Wir sagen, man kann nicht nur Arbeitslose und Rentner belasten und die mit dem hohen Vermögen ungeschoren lassen. Wenn ein 30-Milliarden-Sparpaket vorgelegt wird, möchten wir wissen, welchen Beitrag die Vermögenden dazu leisten.
Falls die Regierung sich nicht darauf einlässt, werden die Gewerkschaften im Herbst auf die Straße gehen?
In einer parlamentarischen Demokratie werden wir alles tun, um unsere Vorstellungen den Parteien und der Regierung nahe zu bringen. Aber im Augenblick sind wir in der Gesprächsphase.
Wird es einen tragfähigen Rentenkompromiss geben?
Ich denke, im Laufe des Jahres haben wir die Grundsätze erörtert. Aber die Zukunft der Rentenformel wird auch davon abhängen, was beim Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rentenbesteuerung herauskommt. Es wäre falsch, jetzt Rentenformeln zu verändern und nach zwei, drei Monaten wieder damit anzufangen. Ich bin dafür, erst einmal dieses Urteil abzuwarten, bevor man an die Rentenformel geht. Der DGB akzeptiert nicht, dass der Staat willkürlich an die Renten geht ohne eine vernünftige Begründung – außer der einen, dass der Staat Geld braucht. Das ist überhaupt nicht einzusehen. Interview: Annette Rogalla
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