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Fünf Millionen für Hilfsaktionen vor Ort

■ Den Vorwurf, Deutschland sei knauserig, weisen Sprecher der Bundesregierung mit dem Hinweis auf „Soforthilfe“ zurück

„Selbst wenn die Bundesregierung ihren gesamten Haushalt an die Türkei überweisen würde, käme immer noch die Klage, das sei zu wenig angesichts des Ausmaßes der Katastrophe.“ Verärgert reagiert der innenpolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, auf in seinen Augen unqualifizierte und populistische Äußerungen von führenden Vertretern der Türken in Deutschland. Die gehen mit der Bundesregierung hart ins Gericht.

Als „unwürdig für ein reiches Land wie Deutschland“ bezeichnete der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin, die auf fünf Millionen Mark aufgestockte Soforthilfe der Bundesrepublik. Und stellt sie den 4,5 Millionen Mark gegenüber, die allein ein türkischer Geschäftsmann gespendet haben soll, und dem Gesamtschaden von etwa 40 Milliarden Mark. Gleichzeitig vermisst Keskin „Gesten des Mitgefühls von offizieller deutscher Seite“. Auch der Leiter des Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, erklärte, „mit fünf oder sechs Millionen Mark kann man der Türkei nicht helfen“, solle sie nicht auf das Niveau eines Entwicklungslandes herunterrutschen.

Einen altlinken Reflex der uninformierten Kritik nennt Özdemir derlei Klage und empfiehlt: „Die Herren sollten sich erst einmal über den Charakter der Soforthilfe informieren.“ Tatsächlich handelt es sich bei der „Soforthilfe“ nicht um Zahlungen an den türkischen Staat für den Wiederaufbau, sondern um Mittel, die deutschen Hilfsorganisationen erste Rettungsmaßnahmen in der Krisenregion ermöglichen. Bislang, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, wurden mit den fünf Millionen Mark Zelte, Blutplasma, Rettungsteams sowie zwei Transportmaschinen finanziert, die Spezialgerät und Fachkräfte für die Löscharbeiten nach Izmit transportierten.

Bundesaußenminister Joschka Fischer, so der Sprecher, telefoniere täglich mit dem türkischen Außenministerium, um abzusprechen, was im Erdbebengebiet gebraucht würde. Bis heute sei noch jeder Wunsch der türkischen Regierung erfüllt worden.

Die Gelder der Soforthilfe werden von dem ständigen Arbeitsstab „Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt“ in enger Absprache mit den nicht staatlichen Hilfsorganisationen vergeben. Gleichzeitig gibt dieser Arbeitsstab den Hilfsorganisationen Hinweise, welche Hilfe wo und wann benötigt wird. Bislang, so der Sprecher, musste noch kein Projektantrag auf Grund fehlender Mittel abgelehnt werden. Auch sind die bislang zugesagten fünf Millionen Mark Soforthilfe keineswegs das Limit. Sollten neue Rettungs- und Hilfsaktionen gestartet werden, stehen auch weitere Millionen zur Verfügung.

Auch die gestern von Hakki Keskin und Faruk Sen erhobene Forderung, die Bundesregierung möge sich endlich in der Europäischen Union für eine umfassende Aufbauhilfe einsetzen, läuft ins Leere. Joschka Fischer, so war aus dem Auswärtigen Amt zu erfahren, betrachtet den Aufbau als eine gesamteuropäische Aufgabe und hat deshalb bereits Briefe an seine europäischen Kollegen geschrieben, in denen er eine multilaterale Hilfsaktion anregt.

Eberhard Seidel

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