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■ Datenschutzbeauftragte fordern mehr Schutz für Kommunikation im Internet

Berlin (taz) – Die Informationstechnik entwickelt sich so schnell, dass die Gesetze nicht hinterherkommen. Dies gilt ganz besonders für „Neue Medien“ wie Internet, Mobiltelefon und Teledienste. Ungeklärt ist bisher weitgehend, ob und von wem Äußerungen im Netz aufgezeichnet werden dürfen. Um dies zu ändern, fordern die Datenschutzbeauftragten Berlins, Brandenburgs, Bremens, Nordrhein-Westfalens und Schleswig-Holsteins jetzt ein „Gesetz zur Sicherung der freien Telekommunikation“.

In den letzten Jahren wurden die staatlichen Kompetenzen bei der Telekommunikationsüberwachung immer stärker ausgeweitet. Die Vorschriften für das Abhören von Telefonaten sind gesetzlich klar gefasst. Ob und inwieweit diese Befugnisse nun auch auf das Internet angewandt werden dürfen, ist im Moment noch juristische Grauzone. „Wir wollen das Recht der Surfer wahren, sich anonym im Internet zu bewegen“, betonte die nordrhein-westfälische Beauftragte Bettina Sokol.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von vor fünf Wochen. Darin legalisieren die Karlsruher Richter die sogenannte „verdachtslose Rasterfahndung“ durch den BND. Gleichzeitig unterstreichen sie jedoch, dass bestimmte Passagen im G10-Gesetz, durch das das Abhören im Telekommunikationsbereich geregelt wird, mit Artikel 10 des Grundgesetzes zum Telekommunikationsgeheimnis schlicht unvereinbar seien.

Diese Lücken müssten innerhalb der nächsten zwei Jahre geschlossen werden – ein klarer Auftrag an den Gesetzgeber.

Für Bettina Sokol sind die ersten Schritte klar: „ Zuallererst müssen endlich alle Überwachungsaktionen bundesweit registriert werden. Dann müssen wir prüfen, ob die Eingriffe für den Erfolg der Ermittlung auch tatsächlich notwendig waren. Auf der Grundlage dieser Evaluierung müssen dann weitere Schutzmaßnahmen folgen.“

Doch die Datenschützer fordern nicht nur ein neues Gesetz, sondern einen kompletten Sinneswandel hin zu einer größeren Sensibilisierung gegenüber den Risiken der Informationsgesellschaft. „Für das Abhören werden ständig neue Gesetze und Bestimmungen erlassen, für den Schutz des Fernmeldegeheimnisses geschieht so etwas nicht“, fasst Helmut Bäumler, Datenbeauftragter von Schleswig-Holstein, zusammen.

Angesprochen auf die Unterstützung durch die neue Bundesregierung erklären die fünf Datenschutzbeauftragten, es sei Zufall, dass sie ausgerechnet fünf SPD-regierte Länder repräsentierten. Man sei von der bisherigen Haltung der SPD in dieser Frage eher enttäuscht. Von der Bereitschaft zu einer echten Kehrtwende sei nichts zu spüren. Andrea Fies

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