: Bahn bietet Sparpreise, aber keiner kennt sie
■ Die Stiftung Warentest kritisiert die schlechte Preisberatung für Kunden
Berlin (taz) – Die Dame vom „Reiseservice der Deutschen Bahn, mein Name ist Schadowski – was kann ich für Sie tun?“ redet viel und telefonkostentreibend. Gut informiert ist sie jedoch nicht. Für zwei Fahrkarten von Köln nach Berlin hin und zurück will sie 448 Mark. Erst auf die Frage nach billigeren Verbindungen erwähnt sie das Gute-Abend-Ticket, das Freitag- und Sonntagabend 84 Mark kostet. Damit würde die Berlin-Reise um 112 Mark billiger. Doch man hätte sogar noch 30 Mark mehr sparen können, wenn man vom Sonntagmorgenticket für 69 Mark gewusst hätte.
Solche Erfahrungen sind kein Einzelfall, fand die Stiftung Warentest heraus. „Die Beratungsqualität bei der Bahn ist miserabel“, fasst Hubertus Primus von der Zeitschrift Test die Ergebnisse von 52 telefonischen Beratungsgesprächen und 50 Anfragen am Schalter zusammen. In drei von vier Fällen erfuhren die Tester nicht den günstigsten Tarif – trotz ausdrücklicher Nachfrage. Nur jeder neunte Reiseservice-Mitarbeiter nannte auf Anhieb den billigsten Fahrpreis. Tipps wie die Kombination von Sonntagmorgenticket plus Anschlussfahrkarte oder von ICE-Familienpreis und Familien-Bahncard gaben lediglich rund 15 Prozent der Berater.
Überfordert sind die Service-Angestellten auch mit Auslandsreisen. Für Reiseauskünfte wie „einmal von Köln nach Porto und zurück“ werden den Kunden starke Nerven bei schlechter Information abverlangt. „Nicht einmal jeder zehnte Berater ist in der Lage, den günstigsten Preis herauszufinden“, so die Studie.
Die Bahn-Angestellten hätten vielleicht gar kein Intreresse, „Schnäppchen“ zu verkaufen, vermuten die Tester. Denn die Jahresprämie für Mitarbeiter von bis zu 5.400 Mark hängt von ihrem Umsatz ab – und der sinkt mit den Sparpreisen. Nach wie vor lässt auch die Pünktlichkeit zu wünschen übrig: Jeder fünfte Zug hat mehr als sechs Minuten Verspätung, beobachtete Test. k.k.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen