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Querspalte

■ Demokratie live

Es hat gedauert, bis das Kind seinen Namen hatte, und nun wird es stolz vorgezeigt: Zum zweiten Mal lädt Herr Thierse zu den „Tagen der offenen Tür“ in den „Plenarbereich Reichtagsgebäude“. Na dann, nichts wie hin, denken sich Zigtausende. Und stehen erst mal Schlange.

Stunden später geht's durch die Sicherheitskontrolle: Portmonnee ins Körbchen, Tasche aufs Fließband. Endlich drin: Schön hell hier, der Erleuchtung der Bundestagsabgeordneten steht nichts mehr im Weg. Schwarz-rot-goldene Kordeln leiten die Massen durch die heiligen Hallen, das verbindet auch Nichtpatrioten. Den Höhepunkt – die verkuppelte Dachterrasse – erleben nur die Besucher, die keinem klaustrophobischen Anfall im überfüllten Aufzug erliegen. Dafür gibt es allseitig Panorama-Gequatsche: „Da ist die russische Botschaft, dort Prenzlauer Berg ...“

Schnell weg und rein in die Kuppel. Ob Sir Norman an seine Carrera-Bahn gedacht hat, als er den Wendelaufgang der Käseglocke entwarf? Der Aufstieg ist beschwerlich, vor allem dann, wenn man versehentlich die falsche Richtung gewählt hat. Aber wieso reagieren die anderen Besucher gleich so genervt? Es soll doch Spaß machen hier! Aber nicht bloß die Laune, auch die Luft ist richtig mies. Außerdem wimmelt es nur so von diesen bedrohlichen Spiegeln – 360 an der Zahl –, die laut Info-Broschüre das Licht in den Plenarsaal lenken. Den würde man auch gerne mal erspähen, doch der Blick hinein wird verwehrt – von oben herab, das lassen sich die Abgeordneten eben nicht gefallen. Also: Schnell hinab und fix raus aus dem Lift.

Endlich wieder auf festem Boden. Erleichterung darüber, dass das Touristenpensum des Tages erfüllt wurde. Zum Abschied noch ein Blick auf die Fassade: „Dem deutschen Volke“ steht da – damit ist doch wohl nicht das Reichstagsgebäude als Ausflugsziel gemeint? Jutta Heeß

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