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Angewiesen auf schnelle Hilfe

■ 72-Jährige aus Polen kämpft um Entschädigung für NS-Zwangsarbeit

22.000 Klagen hat er bundesweit mittlerweile bereits auf den Weg gebracht. Nun versucht Rechtsanwalt Dieter Wissgott, auch von der Stadt Hamburg Entschädigung für eine Polin einzufordern, die im Nationalsozialismus nahe der Hansestadt Zwangsarbeit leisten musste. Das Arbeitsgericht empfahl der Stadt gestern, der heute 72-Jährigen 13.000 Mark an Schadensersatz und Schmerzensgeld zu zahlen. Sollte der Senat bis Ende September nicht zugestimmt haben, kommt es zum Prozess – der weit bis ins nächste Jahr andauern wird.

Im Sommer 1943 wurde Stanislawa R. aus Polen auf das Gut Alt-Erfrade zwischen Neumünster und Bad Segeberg verbracht. Dort musste sie zwei Jahre lang in der Küche arbeiten, 12 Stunden am Tag, sechs Mal die Woche. Als sie einen Unfall hatte, wurde die verletzte Hand nicht ärztlich behandelt. Noch heute kann sie den linken Arm nicht selbstständig bewegen.

Diesen April bat Stanislawa R. Anwalt Wissgott, Entschädigung geltend zu machen, „bitte möglichst schnell“. Die Polin ist heute 72 Jahre alt. Da nur eine schnelle eine humanitäre Hilfe sei, so der Anwalt gestern beim Gütetermin vor Gericht, habe er nur eine bescheidene Schadensersatz- und Schmerzensgeld-Forderung gestellt. „Der Betrag steht für uns im Hintergrund.“ Auch er schluckte indes, als sich nach der Rechnung des Richters die geforderten rund 25.000 auf 13.000 Mark reduzierten. „Das ist ein Betrag, der nicht sehr hoch ist, mit dem die Klägerin aber sicher noch einiges sinnvolles anstellen könnte in ihrem Leben“, befand Richter Uthmann.

In der Vergangenheit waren Klagen von ZwangsarbeiterInnen auf Grund des „Londoner Schuldenabkommens“ abgewiesen worden. Erst durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 wurde der Weg für individuelle Ansprüche geebnet. Das Besondere ist, dass Wissgott die Sache vor das Arbeitsgericht brachte. Bisher verneinten Arbeitsgerichte stets ihre Zuständigkeit, weil dabei von keinem regulären Arbeitsverhältnis auszugehen sei.

Erstmals erklärte sich im Mai dieses Jahres das Arbeitsgericht Nürnberg für zuständig, am 5. August nahm auch das in Hannover die Klage einer ehemaligen Zwangsarbeiterin an. Grundsätzlich hat das den Vorteil, dass die KlägerInnen dann die Entschädigungen direkt an die damalige Firma richten können. Da das Gut Alt-Erfrade aber damals wie heute staatlich ist, müsste hier die Stadt Hamburg zahlen. Wenn sie auf den Rechtsstreit verzichtet. Das, so Uthmann, “ist eine politische Entscheidung des rot-grünen Senats“.

Elke Spanner

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