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Chaos bei der Schulkinder-Betreuung

■ Stadt streicht Stellen in Horthäusern / Grundschulen in der Nachbarschaft können aber Erstklässlerbetreuung nicht leisten / Kooperation zwischen Hort und Grundschule „unausgegoren“

Im Februar war noch alles klar. Jetzt aber kam für Mutter Gabi Behrens die böse Überaschung: Der gebuchte Ganztagsplatz für die Tochter ist geplatzt – wegen vom Amt verordneter Stundenkürzung im Hort. Künftig hat das Horthaus nur noch von 12 bis 16 Uhr auf. Die Grundschule unterrichtet Erstklässler aber in den ersten Schulwochen nur täglich zwei Stunden. Nun bleibt für die alleinerziehende und berufstätige Mutter wohl nur noch ein „Antrag auf Urlaub“.

Ein Betreuungs-Engpass, mit dem sich derzeit mehrere Bremer Eltern herumschlagen müssen: In insgesamt drei Horthäusern reduzierte die Stadt jetzt Erzieher-Stunden – allesamt in Horten, die „volle Halbtagsschulen“ mit länger garantierten Schulzeiten in der Nähe haben. Aber auch dort hakt oftmals die Betreuung – während Erstklässler-Anfangszeiten, in den Ferien, bei Lehrerfortbildungen oder Grippewellen musste bislang immer der Hort um die Ecke ran, berichtet Hort-Mitarbeiterin Manuela Fey vom Neustadtswall.

Aber der ist ab dem neuen Schuljahr nun in der Neustadt, in der Düsseldorfer Straße in Tenever und am Pastorenweg nur noch abgespeckt da: Die MitarbeiterInnen mussten per Änderungskündigung zum Teil von 38,5 auf 33,5 Stunden reduzieren. Wie mit weniger Stunden nun alle Ganztagskinder betreut werden können, weiß zum Beispiel in der Düsseldorfer Straße noch keiner: „Wir sollen jetzt gemeinsam mit der vollen Halbtagsschule ein Konzept erarbeiten“, erzählt eine Mitarbeiterin – dabei ist in einer Woche Schulbeginn.

„Ohne Konzept“ würde die Sozialbehörde jetzt einfach ihr „Sparprogramm“ im Hortbereich durchziehen, wettern nun die Hort-MitarbeiterInnen. Die Stundenreduzierung sei nur der Vorbote für Pläne, an denen die große Koalition seit vier Jahren herumdoktert: Die gesamte Vormittags-Betreuung im Hort wird abgeschafft. Schule und Hort kooperieren künftig so miteinander, dass die sogenannte „verläßliche Grundschule“ möglich wird – mit einer garantierten Betreuung bis zum Mittag.

Aber dieser Plan hakte bislang in der Umsetzung: Sozial- sowie Bildungsbehörde schickten zwar vergangenes Jahr gemeinsam erstmal die Kirche vor. Die schaffte auf finanziellen Druck in ihren rund 20 Horthäusern in der Tat die Vormittags-Betreuung ab. Doch die daraufhin mit den Schulen umgesetzte Betreuung sei aber in den meisten Regionen „höchst problematisch“, klagt Hortleiterin Ingeborg Goldmann von der Gemeinde „Unser Lieben Frauen“.

Komplett „unausgegoren“ sei nämlich das System: In den Grundschulen fehlten schlicht Räume für die Hortfrauen, die zum Teil mit an die Schule wechseln sollten. Oder die Hortfrauen waren am Vormittag in der Schule, wurden dort aber erst nachmittags gebraucht. Außerdem sei völlig unklar, wie Lehrer und Erzieher überhaupt zusammen arbeiten sollen – von den immer noch ungeklärten Versorgungszeiten für Erstklässler, während der Ferien oder bei Lehrerausfall ganz zu schweigen. Fazit: „Die beiden Systeme haken immer noch nicht ineinander.“

Doch während die Hort-Mitarbeiterinnen über Arbeitsplatzabbau „ohne Konzept“ klagen, blockt man im Sozialressort ab: Für die Engpässe würden die Horte vor Ort sicher „Lösungen“ finden, so Ressort-Sprecher Jörg Henschen. Die Stunden wurden wegen der ganz normalen Personalsparquote im Ressort gekürzt. An einer Kooperation zwischen Hort und Schule werde weiter gearbeitet. Das wolle man weiter „ausbauen“. Dazu hätte man die Schulen aufgefordert, „Vorschläge zu machen“. Und ein Gespräch mit dem neuen Bildungssenator Willi Lemke (SPD) sei auch geplant. Denn seine Behörde sei federführend in dieser Sache, man sitze da ja eigentlich nur „mit im Boot“. kat

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