: Daten an die Litfaßsäule
Dem elektronischen Shopping werden hohe Zuwächse prognostiziert. Datenschützer klagen auf der IFA in Berlin internationale Regelungen ein ■ Von Andreas Spannbauer
Elektronisches Shopping ist im Kommen. Bis zum Jahr 2001 rechnet die Deutsche Bank in Deutschland mit einem Warenumsatz im Internet von rund 25 Milliarden Mark. Die Kehrseite: Für den Nutzer der elektronischen Dienste können gravierende Nachteile auftreten: Durch ihr Konsumverhalten entstehen Datenspuren in unbekanntem Umfang.
Eine Regulierung im nationalen Maßstab, auf der die bisherige Datenschutzkontrolle aufbaute, greift angesichts der Globalisierung zu kurz. Auf dem Symposium „Datenschutz – Brücke zwischen Privatheit und Weltmarkt“ diskutierten Experten gestern im Rahmen der Internationalen Funkausstellung (IFA) darüber, wie der Schutz der Persönlichkeitsrechte zukünftig sichergestellt werden kann. „Gerade angesichts der IFA stellt sich die Frage nach einer Regulierung der Datenströme“, sagte der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka.
Die Entwicklungen sind beängstigend. Denn obwohl beispielsweise in den USA die meisten Konsumenten wegen der Verletzung ihrer Privatsphäre verunsichert sind, werden dem Internet-Shopping dort zweistellige Wachstumsraten prognostiziert. Eine allgemeine Datenschutzregelung sei demgegenüber nicht in Sicht, erläuterte Duncan MacDonald, der die US-Regierung in Datenschutzfragen berät. „Die USA setzen auf die Selbstregelierung durch die Märkte“, kritisierte MacDonald.
Große Unternehmen gehen längst individuelle Wege, um die Datensicherheit zu gewährleisten. So erstellt die DaimlerChrysler AG derzeit einen Verhaltenskodex, mit dem ein weltweit einheitliches Niveau im Umgang mit Kundendaten erreicht werden soll.
So lange eine gesetzliche Übereinkunft für den Datenverkehr im Netz ausbleibt, raten die Experten zur Nutzung neuer Sicherheitstechniken. „Für Informationssicherheit sind auch die User selbst verantwortlich“, sagt Seshu Bhagavathula, Leiter des Daimler-Benz Research Center in Bangalore, Indien. Hansjürgen Garstka setzt seine Hoffnungen in „Platform for Privacy Preference Project“, kurz P3P. Das System, das in einiger Zeit auf den Markt kommen soll, ermöglicht es dem Surfer, pauschal festzulegen, welche persönlichen Informationen beim Besuch einer Website gespeichert werden dürfen. Der Nachteil: Jeder Nutzer dieses Systems muss einen Fragebogen ausfüllen, in dem neben Anschrift, Familienstand, Telefonnummer und persönlichen Interessen beispielsweise auch nach „bevorzugten Warenartikeln“ gefragt wird.
Vorläufige Bilanz der Datenschützer: Eine Sicherheit persönlicher Daten im Internet existiert nicht. „Es ist ratsam, nur Informationen über das Netz zu transportieren, die man auch an eine Litfaßsäule plakatieren würde“, bilanzierte Garstka.
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