: „Keiner glaubt der SPD“
■ Die Mehrheit der BerlinerInnen traut Momper zu, dass er nach der Wahl mit der PDS anbändelt. Ein Interview mit Holger Liljeberg, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Info GmbH
taz: In Brandenburg koaliert die SPD möglicherweise mit der PDS. Würde ein solches Bündnis der Berliner SPD bei den Wahlen in fünf Wochen schaden?
Holger Liljeberg: Es schadet im Westen und es nützt im Osten. Im Westteil der Stadt sind bei unseren Umfragen zwei Drittel der Befragten gegen eine Einbeziehung der PDS in irgendeiner Form, im Ostteil sind es weniger als ein Drittel.
Wie sieht das bei Wählern der einzelnen Parteien aus?
Im Juli waren 46 Prozent der SPD-Wähler dagegen, die PDS einzubeziehen. Bei den CDU-Wählern waren es erwartungsgemäß 79 Prozent, bei den Grünen-Wählern nur ein Drittel.
Die SPD versichert bei jeder Gelegenheit: Mit der PDS auf keinen Fall. Nützt ihr das?
Es glaubt keiner. Die Mehrheit der Berliner traut Momper zu, mit der PDS anzubandeln. Und ein Teil von ihnen wählt trotzdem SPD. Allerdings ist diese Option derzeit nur theoretisch: Wenn die CDU bei 38 Prozent liegt, kann man sie im Parlament zu dritt nicht einfach überstimmen.
Halten Sie die CDU-Strategie, die Angst vor der PDS zu schüren, für Erfolg versprechend?
Ja, im Westteil der Stadt. Wenn man hier glaubhaft machen kann, dass die SPD im Zweifelsfall keine Skrupel hat, dann wird das einige SPD-Wähler zur CDU ziehen.
Kann sich die SPD dagegen zur Wehr setzen?
Die PDS-Option pauschal zu leugnen und in einzelnen Ländern dann doch ein Bündnis mit der PDS einzugehen, das wird als unehrlicher empfunden als zu sagen: Das ist eine von mehreren Optionen. Was dagegen spricht? Schlechter, als es für die SPD jetzt aussieht, kann es ja kaum noch werden. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern hat es der SPD nicht geschadet.
Mag sein. Aber sind die Vorbehalte gegen die PDS in Westberlin nicht größer als andernorts?
Natürlich. Die Mauer stand nun einmal in Berlin. Andererseits ist in Berlin der Kontakt zwischen Ost und West viel intensiver, die Bevölkerung hat sich zum Teil ausgetauscht. Man muss die Realitäten in dieser Stadt akzeptieren: Es gibt eine überragende Partei im Westen, die CDU. Und es gibt eine Partei, die im Osten fast genauso deutlich die Nase vorn hat, das ist die PDS. Die SPD wird dazwischen zermahlen.
Wird sich daran auf absehbare Zeit etwas ändern?
Solange die Regierungsparteien vom Westen dominiert werden und keine spezifische Vertretung der „Ost-Interessen“ übernehmen, wird die PDS sicher auf absehbare Zeit so stark bleiben. Interview: Ralph Bollmann
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