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Die Macht der Überzeugung

Eine britische Biografie beleuchtet das Leben des Ajatollah Chomeini

Religiöser Überzeugungtäter oder Machtmensch – wer sich mit Ajatollah Ruholla Chomeini auseinandersetzt, kommt an diesen beiden sich scheinbar ausschließenden Darstellungen seiner Person nicht vorbei. Baqer Moin, Chef des persischsprachigen Dienstes der BBC, hat sich zehn Jahre Zeit genommen, um eine Antwort zu finden. Statt diese Frage eindeutig aufzulösen, fügt er in seiner in diesen Tagen erscheinenden Biografie des iranischen Revolutionsführers eine weitere Facette hinzu. Chomeini war ein „elitärer Mystiker“, ein „berechnender Theologe“ und „als Politiker ein Populist bis hin zum Opportunisten“.

Moin entstammt einer religiösen Familie aus dem Iran, nennt sich wegen seiner Kontakte zu laizistisch gesonnenen Studentenkreisen in Schah-Zeiten ein „schwarzes Schaf“, und er arbeitet für ein Radioprogramm, das Chomeini im Exil in der Türkei, im Irak und in Frankreich beinahe täglich hörte. Sprich: Moin kennt sich aus, wie kaum ein anderer.

Seine Kindheitsskizze zeigt: Schon in jungen Jahren war Chomeini so etwas wie ein politischer Führer: „Sogar als Kind wollte er beim Spielen immer der Schah sein.“ Als Religionsschüler habe er sich später, anders als viele Mullahs, fast nur für die spirituelle Welt interessiert. Seiner späteren Ehefrau sei Chomeini als „Jungfrau“ gegenübergetreten. Dies Auskunft sichert dem Buch einen Platz auf dem Index der Theokraten der Islamischen Republik.

Doch vordergründige Enthüllungen aus Chomeinis Privatleben stehen hier nicht im Vordergrund. Moin löst sich in vielen Passagen von der Vita seines Protagonisten. So weist diese Biografie über die Figur des Gründers der Islamischen Republik hinaus. Sie ist eine Geschichtsstunde über den Iran von der Jahrhundertwende bis zu Chomeinis Tod vor zehn Jahren.

Glaubt man Moin, dann war Chomeinis Handeln ursprünglich tief religiös verwurzelt. Erst als er aus dem erzwungenen Exil in der Türkei, dem Irak und Frankreich zurückkehrte, wurde er zum Machtmenschen. An die Adresse der von ihm als „travestie international“ geächteten Menschenrechtsorganisation amnesty international gerichtet, sagte er Anfang der 80er-Jahre, dem Höhepunkt der Hinrichtungswelle in dem Land: „Wir glauben, dass Kriminelle nicht vor Gericht gestellt gehören, sondern exekutiert.“ Zugleich legte er sich mit dem religiösen Establishment an und ließ seine mystischen Frühwerke veröffentlichen. Den iranischen Theokraten galt das als Häresie, seinen Anhängern als moderne Auslegung der Religion.

Dennoch versteifte sich Chomeini auf die maßgeblich von ihm entwickelte Lehre der Herrschaft der Theokraten, des „velajat-e faqih“, der Herrschaft der Mullahs und Grundlage der Islamischen Republik Iran. „Für Chomeini war der islamische Staat wichtiger als alle anderen Aspekte der Religion“, so das Resümee.

Die Lektüre dieses Buches lässt keinen Zweifel: Chomeini war Religionsführer und Politiker zugleich, Machtmensch und Gläubiger. Als der Ajatollah 1979 im Landeanflug auf Teheran war, wurde er von einem Journalisten gefragt, was er nun empfinde. Die Antwort lautetete: „Nichts!“ Thomas Dreger Baqer Moin: „Khomeini, Life of the Ayatollah“. I. B. Tauris, London, 24,95 Pfund

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