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Der Senat brütet über den Haushalt

■  Die Große Koalition will heute den Etat für das kommende Jahr vorstellen. Die Grünen befürchten, dass darin ein Loch von zwei bis drei Milliarden Mark offen bleibt

Gestern mussten die Senatoren nach dem Mittagessen noch einmal antreten. Die Sitzung des Senats, gewöhnlich auf den Vormittag beschränkt, war auch für den Nachmittag angesetzt. Fortsetzung, wenn es sein muss, heute früh. Zweck der Übung: Heute Mittag wollen die Senatoren einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2000 auf den Tisch legen, um ihn noch vor der Wahl werbewirksam im Parlament präsentieren zu können.

Werbewirksam? Als Wahlkampfmunition für die Regierung taugt ein Haushalt, der seinen Namen verdient, nur bedingt. Schließlich ist die Kassenlage des Landes noch immer alles andere als komfortabel. Deshalb fürchtet der grüne Haushaltsexperte Burkhard Müller-Schoenau, dass das Zahlenkonvolut des Senats die volle Wahrheit unterschlagen wird. Womöglich, so die Prognose des Abgeordneten, werden CDU und SPD das verbleibende Loch von zwei bis drei Milliarden Mark kurzerhand mit dem Etikett „pauschale Minderausgabe“ versehen. Wo im 40-Millionen-Etat das Messer für schmerzhafte Einschnitte angesetzt würde, hätte der neue Senat zu entscheiden – nach der Wahl. „Das wäre reiner Wahlbetrug“, so Müller-Schoenau.

Ursprünglich hatte die Union vor der Wahl überhaupt keinen Etat vorlegen wollen. Schließlich würde dann offenbar, dass ihre Wahlversprechen finanziell kaum haltbar sind. Kein Wunder also, dass sich die CDU-Senatoren in ihren Gesprächen mit SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing höchst renitent zeigten. Doch offenbar musste CDU-Rathauschef Eberhard Diepgen einsehen, dass auch ein Ausweichen vor dem Kassensturz im Wahlkampf keine Pluspunkte bringt.

Fugmann-Heesing hatte bereits vor der gestrigen Sitzung angekündigt, 2,3 Milliarden Mark per „Vermögensaktivierung“ loszueisen, den größten Teil davon „aus Erlösen der Wohnungswirtschaft“. Prompt gerierte sich die CDU als Anwältin der Mieter. Außerdem auf der Wunschliste der Union: die Abschaffung der Zweitwohnungssteuer und eine Senkung der Gewerbesteuer.

Für Wünsche freilich gibt die Landeskasse wenig her. Im Gegenteil: Gestern beriet der Senat auch über die Bitte des Berliner Verfassungsgerichts, den Verkauf der Wasserbetriebe bis zu einer Entscheidung über die Klagen von PDS und Grünen aufzuschieben. Doch bis Ende September muss der Verkaufserlös eingegangen sein. Sonst müsste Fugmann-Heesing zusätzliche Kredite aufnehmen. Als ungewiss gilt, ob das Gericht dem Wunsch des Senats nachkommt, möglichst schnell zu entscheiden. Ralph Bollmann

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