Eklat statt Etat

■  CDU-Senatoren kippen gerade erst gefundenen Haushalts- Kompromiss. Parlamentsdebatte vor den Wahlen nun unmöglich

Eigentlich waren sich die Kontrahenten schon einig gewesen. Um sieben Uhr früh hatten sich Finanzenenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) und SPD-Chef Peter Strieder gestern beim Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) eingefunden – und ein Paket für den Landeshaushalt 2000 geschnürt, dessen Verabschiedung im Senat am Vorabend gescheitert war.

Wenig später war es mit der Einigkeit wieder vorbei: Die CDU-Senatoren Eckart Werthebach und Peter Radunski brachten den Kompromiss zu Fall, kaum dass er geschlossen war. Innensenator Werthebach verlangte zusätzliche Stellen bei der Polizei, „um eine adäquate Wahrnehmung der sich durch die Funktion als Bundeshauptstadt ergebenden Herausforderungen zu gewährleisten“. CDU-Wahlkampfchef Volker Liepelt sprach gar von einer drohenden „Sicherheitslücke“.

Kultursenator Radunski verlangte von der Kollegin im Finanzressort, 14,7 Millionen Mark für die Gehaltserhöhungen beim Theaterpersonal locker zu machen. „Sonst gibt es keinen Haushalt“, erklärt sein Büroleiter Burkhard Woelki klipp und klar.

Damit war der Eklat da. Selbst wenn sich der Senat bis zu seiner nächsten Sitzung am kommenden Dienstag auf einen Haushaltsentwurf einigen sollte, so Fugmann-Heesing, könne der Etat vor der Wahl „aus technischen Gründen“ nicht mehr im Parlament eingebracht werden. Die CDU dagegen versuchte gestern, das Debakel herunterzuspielen – und die Finanzsenatorin als kleinkariert darzustellen. Werthebach sprach von einer „vergleichsweise marginalen Differenz“, und Senatssprecher Michael-Andreas Butz erklärte, das Kabinett habe den Haushalt „in den wesentlichen Grundlagen geschaffen“.

Tatsächlich streiten sich die Kontrahenten um vergleichsweise kleine Beträge: fünf Millionen Mark bei Werthebach, 14,7 Millionen bei Radunski – bei einem Etat von rund 40 Milliarden Mark. Ein Loch von mehr als einer Milliarde Mark wird ohnehin in die nächste Wahlperiode verschoben. Auch der Abbau von 4.900 Stellen, den die CDU akzeptierte, wird erst später konkretisiert.

Doch der SPD geht es ums Prinzip. Die „soziale Gerechtigkeit“ verbiete es, bei Polizei und Kultur draufzusatteln und im Gegenzug etwa bei den Programmen gegen Arbeitslosigkeit sparen zu müssen, sagte Strieder. Die Bestellung neuer U-Bahn-Züge, auf der Wunschliste von Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU), müsse die BVG selbst finanzieren. Dagegen lobten die beiden SPD-Senatoren die Bereitschaft von CDU-Bausenator Jürgen Klemann, die Sanierung von Schul- und Sportanlagen aus dem eigenen Etat zu finanzieren.

Die SPD erwartet, „dass der Regierende Bürgermeister die Kollegen auf seiner Seite überzeugt“. Dass der wirkliche Haushalt ohnehin erst zu Beginn des Jahres 2000 vorliegt, so Fugmann-Heesing, „ist klar“. Ralph Bollmann