: Verständnis enttäuscht
■ Viereinhalb Jahren Kirchenasyl ohne humanitäre Lösung für Roma-Familie
Ekkehard Wienholtz hat sich nichts vorzuwerfen. Mit „großem Verständnis“ habe er die Familie Daferoski behandelt. Schließlich habe er sie nicht abgeschoben, sondern ihnen die Möglichkeit gelassen, das Flugzeug selbst zu besteigen, teilt der SPD-Innenminister von Schleswig-Holstein mit. Freitag voriger Woche sind die Eheleute Daferoski nach Mazedonien ausgereist. Freiwillig, sagt Wienholtz. Die Kinder sind noch in der BRD.
Das Innenministerium hatte der Freiwilligkeit allerdings etwas nachgeholfen. Die Roma-Familie lebte elf Jahre in Schleswig-Holstein, davon viereinhalb im Kirchenasyl in Glinde. Anfangs konnten sie das Gelände noch verlassen, die Kinder konnten die Schule besuchen. Später nicht mehr. Eineinhalb Jahre lebte die Familie wie eingesperrt in der Kirche.
Psychisch zermürbt, versprachen die Daferoskis im Frühjahr, auszureisen. „Freiwillig“. Wienholtz bedankte sich für die „Einsicht“ der Familie. Daraufhin hatten die Daferoskis eine Duldung bis Mitte Juli bekommen. Da die mazedonische Botschaft zunächst keine Ausreisepapiere ausstellte, zog die Familie aus der Kirche aus und in eine Flüchtlingsunterkunft in Lauenburg ein. Als Papiere für die Eheleute vorlagen, flogen diese nach Skopje. Die Kinder im jugendlichen Alter sind weiterhin in Lauenburg. Freunde bemühen sich zu erreichen, dass sie zumindest noch ihren Schulabschluss nachholen können.
1995 hatte die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis (SPD) der Familie eine „humanitäre Lösung“ versprochen. Nachdem die Eheleute Daferoski nun ausreisen mussten, bekam Simonis Post von einem Parteikollegen, dem langjährigen Landtagsabgeordneten Alfred Schulz: Dass die Bemühungen um ein Bleiberecht für die Romafamilie vergebens waren, sei eine „nahezu unerträgliche politische Enttäuschung“. ee
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen