: SPD verliert Herz in Brandenburg
■ Brandenburgs SPD will Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Aber das „Herz der Partei“, Sozialministerin Hildebrandt, will mit den „Arschlöchern“ nichts zu tun haben
Berlin (AFP/dpa/taz) – Wo auch immer in der Brust die Herzen dieser Tage genau schlagen, ganz ohne Herz muss die Brandenburger SPD vielleicht in ihrer nächsten Regierung auskommen. Heute müssen noch SPD-Landesvorstand und -Fraktion in Brandenburg zustimmen, dann ist der Weg frei für Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Aber schon am Freitagabend, nachdem die Empfehlung für Koalitionsverhandlungen mit die CDU unter Jörg Schönbohm bekannt wurde, hatte Brandenburgs Sozialministerin Regine Hildebrandt erklärt, sie stehe für eine Koalition mit der CDU nicht zur Verfügung: „Leute, ich kann es nicht“, ließ die populäre Sozialpolitikerin wissen. Der SPD-Landesvorsitzende in Brandenburg, Steffen Reiche, erklärte bedauernd, Hildebrandt sei das Herz der Partei in Brandenburg und eine wichtige Stimme des Ostens: „Wir hoffen, dass es eine Option gibt, dass man ihr Brücken bauen kann.“ Schließlich werde in einer Koalition mit der CDU die Sozialpolitik „eins zu eins fortgeführt“, sagte der SPD-Landeschef. Reiche wies darauf hin, dass Hildebrandt eine Zusammenarbeit mit denen abgelehnt habe, die ihre Politik über fünf Jahre kritisiert und sie auch als Person bekämpft hätten. Die neue CDU-Fraktion habe aber nichts mehr mit der alten zu tun, weil fast zwei Drittel neue Mitglieder und zudem „verlässlicher und fairer“ seien.
Die „Zuverlässigkeit“ der CDU hatte die SPD letztendlich auch bewogen, mit den Schwarzen zu koalieren: Von ihnen kam nämlich eindeutige Unterstützung für Megaprojekte wie den Großflughafen Schönefeld und den Transrapid. Gegen Koalitionsverhandlungen mit der PDS hätten vor allem unterschiedliche Vorstellungen in der Finanzpolitik gesprochen, sagte Reiche: „Was wir einsparen, gibt die PDS aus.“ Die SPD befürchtete vor allem, dass die PDS Investoren abschrecken könnte. „Ein Signal für eine rot-rote Koalition wäre ein Zeichen, dass hier in Brandenburg die Uhren doch so anders ticken, dass mancher Investor das noch einmal überlegen würde“, sagte Reiche.
Entgegen der Ankündigung Reiches, dass sich an der Sozialpolitik nichts ändern werde, erklärte CDU-Chef Schönbohm, in den Koalitionsverhandlungen „alle staatlichen Aufgaben auf den Prüfstand zu stellen“. Entgegen seinem früher geäußerten Wunsch, sich nicht ins Kabinett einbinden zu lassen, sondern weiter lediglich als Parteichef zu fungieren, brachte sich der Ex-Innensenator von Berlin nun doch als Innenminister ins Gespräch.
PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch meinte, eine Große Koalition in Brandenburg würde seiner Partei Zulauf bringen. Im Saarländischen Rundfunk meinte er: „Ich behaupte, dass wir nach den fünf Jahren als Oppositionspartei noch mal wie bei den letzten Wahlen um 5 Prozent zulegen.“ Damit würde die PDS knapp 30 Prozent erreichen.
Stimmen SPD-Landesvorstand und -Fraktion heute zu, werden am Mittwoch die Koalitionsverhandlungen beginnen. Ein Sonderparteitag wird am 4. Oktober über den Koalitionsvertrag abstimmen. Ein bisschen DDR-rot könnte Brandenburg übrigens auch ohne PDS erhalten bleiben: Als Justizminister ist der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière (CDU), im Gespräch. Er hatte sich wegen Verdachts auf Stasi-Kontakte in den letzten Jahren aus der ersten Reihe zurückgezogen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen