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Alles falsch gemacht

■  SPD-Spitzenkandidat Richard Dewes ist der Verlierer dieses Wahltags. Sein Fehler: Er verteidigte das Sparpaket und machte nicht deutlich, ob er mit der PDS koalieren will

Erfurt (taz) – Bei Richard Dewes hatten die Stylisten gestern allerhand zu tun. Nicht, dass der Thüringer SPD-Chef besonders häufig vor die Fernsehkameras trat. Nicht, dass er sich in Rage redete. Richard Dewes war vielmehr völlig bleich im Gesicht. Angesichts der Wahlniederlage verständlich: Erstmals in der jüngsten deutschen Geschichte wurde die SPD unter Dewes nur drittstärkste Kraft in einem Landesparlament. Die PDS-Spitzenkandidatin Gabi Zimmer hingegen war pflegeleicht – aus Sicht der Stylisten. 21,5 Prozent – nicht einmal die Sozialisten hatten damit gerechnet, ihr Wahlziel „20 plus x“ in dieser Eindeutigkeit zu erreichen. Trotzdem gab es halblange Gesichter bei der PDS. „Dass die CDU künftig absolut regieren kann, ist eine Niederlage“, sagte Zimmer der taz. Thüringen hätte einen Politikwechsel verdient gehabt. „Aber leider hat die SPD gepatzt.“

„Schwarz stoppen, wählen gehen“, hatte die Thüringer SPD in den letzten Tagen massiv plakatiert. Denn soviel war Richard Dewes klar: Wenn die Wahlbeteiligung ähnlich mau wie in Brandenburg ist, bezieht die Sozialdemokratie die nächste Tracht Prügel.

Es dauerte ziemlich lange, bis sich Dewes das erste Mal zeigte. Verständlich: Mit etwa 60 Prozent war die Wahlbeteiligung wieder niedrig. Der Ex-Innenminister blickt ins Schweinwerferlicht und versucht gequält zu lächeln. Zwar klatschen die Wahlkampfanhänger im SPD-Party-Zelt. Richard Dewes macht sich aber für die Prügel bereit. Mit einem Minus von über 10 Prozent im Vergleich zu 1994 ist die Bilanz des Parteichefs desaströs. „Ich freue mich, dass so viele hier ins SPD-Zelt gekommen sind, um mir ihre Solidarität zu zeigen“, sagt Dewes. Es scheint, als müsse er sich am Podium festhalten. Mit leerem Blick redet er viele Worte, die aber nichts sagen.

Der Jubel auf der PDS-Wahlparty war besonders ohrenbetäubend, als Landeschef Dieter Haushold „Freibier für alle“ ausrief. Allerdings schränkte Haushold mit einem „nur zwei Fässer“ seine Freigiebigkeit gleich wieder ein. Man brauche jetzt einen klaren Kopf, schließlich „ist die PDS jetzt Oppositionsführer“. Als solcher wollen die Sozialisten die SPD zu einer konstruktiven Zusammenarbeit anregen.

Noch bei der Bundestagswahl war die SPD in Thüringen stärkste Partei geworden. Zwar sackten die Sozialdemokraten dann bei den Europa- und Kommunalwahlen deutlich ab. Vor sechs Wochen ließen die Umfragen aber noch eine knappe Mehrheit für das linke Lager erwarten. Alles verspielt. Dewes hat so ziemlich alles, was man nur falsch machen kann, falsch gemacht. Seine Taktik, das Verhältnis zur PDS bis zum Schluss offen zu lassen, ging nicht auf. Anders als sein Saarländer Kollege Reinhard Klimmt erklärte Dewes immer wieder gebetsmühlenartig, es gebe keine Alternative zum Sparpaket. Nie ist es dem Spitzenkandidaten gelungen, sich als Mann des Volkes zu präsentieren.

Vor fünf Jahren kam Dewes aus dem Saarland nach Erfurt. Dort präsentierten sich die Sozialdemokraten damals in einem ziemlich miserablen Zustand. Dewes, der Hoffnungsträger, brachte als Innenminister neuen Schwung in die SPD. Dann wurde er mit deutlicher Mehrheit zum Landeschef gewählt. Die Spitzenkandidatur schloss sich nahtlos an. Jetzt ist der Politiker Dewes am Ende. Immer wieder hatte er erklärt, für ein neues Vogel-Kabinett nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Mit diesem Ergebnis dürfte er auch als Landeschef nicht mehr zu halten sein. Dennoch möchte an diesem Abend keiner in der SPD Dewes zum Rücktritt auffordern. „Wir werden mit Solidarität das Ergebnis analysieren und dann handeln“, sagt Wissenschaftsminister Schuchardt. Dumm nur: Solidarität hält nicht lange. Nick Reimer

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