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Der Heino der Neonazis soll in der Innenstadt singen

■ Zwei Tage vor der Wahl plant die „Republikaner“-Jugend ein Großkonzert in der City

Zwei Tage vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus will die Jugendorganisation der „Republikaner“ ein Konzert mit dem rechtsextremistischen Liedermacher Frank Rennicke im Zentrum Berlins durchführen. Das geht aus einer Ankündigung hervor, die der taz vorliegt. Mit der Einladung Rennickes, der in einschlägigen Kreisen als Kultfigur gilt, will die „Republikanische Jugend“ zu den Wahlen am 10. Oktober offenbar auch den harten Kern der rechtsextremen Szene zum Gang an die Urnen mobilisieren.

Der genaue Ort der rechten Propagandashow wird bisher geheim gehalten. Damit wollen die jungen „Republikaner“, deren Vorsitzender Thomas Kay selbst auf der Kandidatenliste der Mutterpartei steht, vermeiden, dass politische Gegner Druck auf den Vermieter ausüben.

Die Jung-Reps planen den Vorstoß in die Innenstadt ganz bewusst. Am Stadtrand sei die Organisation eines solchen Konzertes ohnehin kein Problem, heißt es. Geworben wird bisher aber nur unter der Hand: Auf der Homepage der „Republikaner“ im Internet taucht der Termin nicht auf, Interessenten werden bei der telefonischen Anmeldung danach befragt, wie sie von dem Konzert erfahren haben. Bei der „Republikanischen Jugend“ rechnet man mit 500 bis 1.000 Teilnehmern. In der Einladung für das ursprünglich auf den 23. September datierte Konzert wird die Integration von Ausländern als deutsche „Unterwerfung vor den Ansprüchen raumfremder Kulturen“ bezeichnet. Das Motto: „Jugend ohne Perspektive? Zwischen Auswanderung, Anpassung und Widerstand“.

Der Liedermacher Frank Rennicke, der in linken Publikationen als „neonazistische Heulboje“ oder „Nazi-Heino“ firmiert, gilt als prominentester Liedermacher des rechtsextremen Spektrums. Eine Sprecherin des Bundesamtes für Verfassungsschutz bestätigte dem seit 1989 aktiven Rennicke und seiner „heimatverbundenen Schlagermusik mit rechtsextremen Texten“ steigende Popularität. Allein im vergangenen Jahr habe der fünffache Familienvater aus dem baden-württembergischen Ehningen 40 Konzertveranstaltungen durchgeführt.

Rennickes CD „Ich bin nicht modern, ich fühle deutsch“ wurde 1997 – vier Jahre nach ihrem Erscheinen – verboten. In Texten wie „Morgen, Polen, wird's was geben“ träumt der Nazi-Barde von der „Heimholung Breslaus“, preist die „ruhmreiche deutsche Infanterie“ der Wehrmacht oder ruft mit Appellen wie „Zerschlagt die rote Rattenbrut!“ zur Gewalt gegen politische Gegner auf.

Zuletzt hatte Rennicke, der bis zu ihrem Verbot auch Mitglied der neonazistischen Wiking-Jugend war, 1994 in der Kleinstadt Rüdersdorf bei Berlin Erfolge gefeiert. Damals trafen sich rund 900 Rechtsradikale. Die Polizei griff nicht ein, obwohl die Teilnehmer nach Angaben des damaligen Bürgermeisters Wilfried Kroll (SPD) zum Teil uniformiert und mit verfassungsfeindlichen Symbolen ausgestattet waren.

Ein Sprecher der Berliner Polizei kündigte gestern an, man werde „geeignete Maßnahmen treffen“. Eine Kulturveranstaltung sei jedoch keine politische Kundgebung: „Eine solche Veranstaltung ist nicht anmeldepflichtig.“

Andreas Spannbauer

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