: Das wunderbare Schweigen im Senat
■ Viele gute Fragen und kaum gute Antworten in der Fragestunde der Bürgerschaft
Parlamentarier fragen, der Senat schweigt: Etwa zwei Dutzend Fragen wissbegieriger Abgeordneter von GAL und Regenbogen musste sich gestern Finanz-Staatsrat Dirk Reimers, der den Kollegen der Innenbehörde vertrat, in der Fragestunde der Bürgerschaft erwehren. Koalitionäre wie Oppositionelle VolksvertreterInnen, wollten wissen, wie vertrauliche und zum Teil sehr persönliche Details aus den Akten von AsylbewerberInnen in die Bild-“Zeitung“ gelangen konnten. „Dazu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor“, lautete die einsilbig Antwort des ehemaligen Hamburger Polizeipräsidenten.
Das Boulevardblatt hatte vor zwei Wochen unter der Schlagzeile „Gehen Hamburgs Beamte wirklich zu hart mit Asylbewerbern um?“ über angebliche „Tricks und Lügen“ von fünf AsylbewerberInnen berichtet, unter denen die BeamtInnen der Ausländerbehörde zu leiden hätten. Bei der Schilderung dieser Fälle wurden Einzelheiten wieder gegegben, die zum Teil nicht einmal den Mitgliedern des Petitionsausschusses der Bürgerschaft bekannt waren. Wie diese sensiblen Daten ihren Weg in das Springer-Blatt finden konnte, vermochte Reimers weder sich noch dem Parlament zu erklären. Alles andere wäre auch verwunderlich gewesen.
Durchaus überraschenden Humor stellte anschließend Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) unter Beweis. Die wegen ihrer umstrittenen und erst Anfang der Woche von der SPD-Fraktion gestoppten Ausschreibungspraxis von Sozialprojekten heftig in die Kritik geratene Roth sah sich mit der Frage nach dem künftigen Drogenbeauftragten des Senats konfrontiert. Amtsinhaber Horst Bossong (SPD) scheidet zum ersten Oktober aus dieser Funktion aus. Sein Nachfolger werde, erklärte sie lächelnd auf eine entsprechende Frage, „selbstverständlich demnächst per öffentlicher Ausschreibung“ gesucht. „Was sonst“, fragte sie rethorisch zurück, „haben Sie von mir erwartet?“. Sven-Michael Veit
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