: Die Mordslust an Mordgelüsten
■ Ein skrupelloses Syndikat von KrimiautorInnen kommt zur zweiten „Prime Time – Crime Time“ nach Bremen
Kein Zweifel: Krimis zu schreiben ist ein mörderischer Beruf. Und so konnte zumindest Doris Gercke ihre Mordgelüste der eigenen Heldin gegenüber nur durch Luftveränderung gerade noch in den Griff bekommen: „Ich schicke sie jetzt einfach häufiger ins Ausland.“ Gercke nimmt teil an den am Dienstag beginnenden Bremer Krimitagen und kennt, wie auch die Veranstalter des tödlichen Events, keinerlei schlechtes Gewissen. „Die eine oder andere Leiche wird sich natürlich nicht vermeiden lassen“, verrät uns Christoph Wirth vom Crime Time Pressebüro mit verbrecherischer Ruhe. Auch Thea Dorn, die ihr Dasein als Mordgeschichtenautorin geschickt mit ihrer Arbeit als Philosophie-Dozentin an der Freien Universität Berlin zu tarnen versteht, scheint diese Skrupellosigkeit völlig normal zu finden: „Die Kriminalliteratur ist nun mal ein schmutziges Genre!“
Man darf also gespannt sein auf die zweite Ausgabe von „Prime Time – Crime Time“, mit der insgesamt elf skrupellose Schreibtischtäter vom 21. bis zum 24. September die Stadt mit der laut „Spiegel“ höchsten Kriminalitätsrate Deutschlands noch unsicherer machen wollen. Neben den bereits genannten AutorInnen sowie natürlich dem in Bremen hinreichend bekannten Lokalhelden des Genres, Jürgen Al-berts, werden auch internationale Größen wie der Vielschreiber und Talkshow-Moderator Peter Zeindler oder auch „Tatort“-Miterfinder Felix Huby mit von der Partie sein. Ein Highlight der Veranstaltung verspricht die Lesung der mit allen erdenklichen Krimi-Preisen gewürdigten Juristin und Schriftstellerin Frances Fyfield zu werden, auch wenn deren geheimes Ziel laut eigener Aussage eigentlich immer das Schreiben eines humorvollen Familienromans war. Neben Appetithäppchen aus ihren jüngsten Veröffentlichungen darf sich der Krimifan auf Anekdoten aus dem Werdegang dieser Autoren und lehrreiche Ratschläge aus ihrer „mörderischen“ Werkstatt freuen.
Brisant klingt schließlich auch das Projekt „Erste Deutsche Krimi-Bibliothek“, dessen Präsentation am Donnerstag sicherheitshalber unter dem Schutz des Polizeipräsidenten und anderer hochrangiger Kriminaler sowie unter strengem Ausschluss der Öffentlichkeit vor sich gehen wird. Nur so viel wurde uns geflüstert: Das Archiv geht auf einen Bücherraub bei einem Krimisammler in Berlin zurück, bei dem nach Angaben der Behörden unter anderem die Fingerabdrücke eines gewissen Jürgen A. aus Bremen gefunden wurden. Weitere Raubzüge der Literaturgangster sind offenbar geplant, so dass das Krimi-Archiv bis Januar nächsten Jahres auf über 3.000 Titel anwachsen wird. Und noch eine Warnung: Die „Literarische Asservatenkammer“, wie die Bibliothek genannt werden soll, soll sicherheitshalber ins Polizeihaus Am Wall geschafft werden, wenn die Stadtbibliothek dorthin umzieht. mc
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