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Schutztruppe nach Osttimor unterwegs

Die indonesischen Soldaten und proindonesischen Milizen beginnen mit dem Rückzug nach Westtimor. Das deutsche Sanitätskontingent wird wahrscheinlich von Bundeswehrsoldaten begleitet  ■   Von Sven Hansen

Berlin (taz) – Heute soll die Vorhut der etwa 8.000-köpfigen multinationalen Friedenstruppe (Interfret) in Osttimor eintreffen. Für spätestens Montag wird das erste größere Kontingent von 2.000 Mann erwartet, das sich derzeit im nordaustralischen Darwin auf den Einsatz vorbereitet. Auch der australische Interfret-Oberbefehlshaber, Peter Cosgrove, will schon heute nach Dili reisen, um dort Vereinbarungen mit dem indonesischen Militär zu treffen. Das begann gestern mit dem Abzug seiner ersten Einheiten. Laut seinem Befehlshaber in Osttimor, Kiki Syahnakri, soll der Abzug in einer Woche abgeschlossen sein. Beobachter bezweifeln dies.

Ein UN-Mitarbeiter in Dili berichtete, er habe auch den Abzug proindonesischer Milizen in einem Militärflugzeug gesehen. Der Gewalt der Milizen fielen in den vergangenen zwei Wochen Schätzungen zufolge über 7.000 Menschen zum Opfer, mindestens 300.000 wurden vertrieben. In Dili blieb kaum ein Haus unversehrt. Auch gestern brannten dort nach UN-Angaben wieder Häuser und gab es Plünderungen. Vereinzelt waren Schüsse zu hören. Es waren Lastwagenkonvois zu sehen, auf denen wahrscheinlich geplündertes Gut in Richtung Westtimor gebracht wurde. In der Stadt Bacau ist nach UN-Angaben jedes zweite Haus geplündert oder abgebrannt.

Gestern warfen zwei australische Flugzeuge erstmals 15 Tonnen Hilfsgüter bei der Stadt Ermera südlich von Dili ab. Das ist eine Tagesration für 15.000 Flüchtlinge. Weitere Hilfsflüge wollte das indonesische Militär nicht genehmigen, sodass diese erst nach der Ankunft der Schutztruppe fortgesetzt werden können.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) äußerte sich besorgt über die Lage der etwa 150.000 nach Westtimor deportierten und geflohenen Osttimoresen. „Sie sind dort vollständig den proindonesischen Milizen ausgeliefert“, sagte UNHCR-Sprecher Kris Janowski gestern in Genf.

US-Präsident Bill Clinton hatte am Donnerstag doch noch 200 amerikanische Soldaten für die Friedenstruppe in Aussicht gestellt. Gestern beriet die Bundesregierung über die Organisation des geplanten deutschen Sanitätskontingents für Osttimor. Für die Entsendung ist noch ein Kabinettsbeschluss und dann die Zustimmung des Bundestags erforderlich. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye betonte, es gehe ausschließlich um die humanitäre Ergänzung der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Mission. Laut Bundesverteidigungsministerium würden jedoch in solchen Fällen stets auch Bundeswehrsoldaten mitgeschickt, die für die Sicherheit der Sanitäter zu sorgen hätten. Bisher hatte Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping die Entsendung von Bundeswehrsoldaten nach Osttimor ausgeschlossen.

Bundesaußenminister Joschka Fischer konferierte gestern in Berlin mit Vertretern von Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen über Osttimor. Fischer erklärte, die Bundesregierung sei bereit, ihre Flüchtlings-Soforthilfe von einer Million Mark aufzustocken, wie die taz aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Fischer wurde seinerseits zur Überprüfung der bisherigen deutschen Indonesienpolitik aufgefordert.

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