: Rätselraten in Wien
■ Fall Meyer/Klump: Die Ausbeute der Polizei ist bislang mager. Klump schweigt
Wien/Kopenhagen (dpa) – Die Waffe, die der in Wien erschossene mutmaßliche RAF-Terrorist Horst Ludwig Meyer bei sich trug, ist bei einem Überfall auf einen Supermarkt vor drei Jahren eingesetzt worden. Das berichtete die Polizei gestern in Wien. Unklar sei, ob Meyer den Überfall, bei dem eine Kassiererin angeschossen wurde, begangen habe.
Meyers Begleiterin, die ebenfalls der RAF zugerechnete Andrea Klump, ist unterdessen von der österreichischen Polizei wegen Beihilfe zum versuchten Mord angezeigt worden. Daneben würden ihr Urkundenfälschung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, so die Behörden. Bei ihrer Festnahme war Meyer am Mittwoch von einem Polizisten erschossen worden. Zuvor hatte der 43-Jährige einen anderen Beamten mit Schüssen ins Bein verletzt.
Am Donnerstag hatte die Polizei die Wohnung des Paares in Wien entdeckt und durchsucht. Sprengstoff oder Waffen waren dabei nicht gefunden worden. „Es gibt überhaupt keine Hinweise, dass irgendeine Straftat geplant war“, sagte gestern ein Polizeisprecher. Meyer und Klump, die seit den 80er-Jahren steckbrieflich gesucht wurden, hatten drei Jahre in einer 130 Quadratmeter großen Wohnung in Wien gelebt. Der dritte in dieser WG, ein Wiener Student, sei ahnungslos gewesen, so die Behörden. Meyer und Klump hätten weder ein Auto noch ein Telefon oder Handy besessen. Sie seien auch nicht angemeldet gewesen und hätten nicht gearbeitet.
Rätselraten herrschte gestern noch über die 18 Schlüssel, die bei dem Duo gefunden wurden und von denen bisher nur drei zugeordnet werden konnten. Die Ermittlungsbehörden schlossen nicht aus, dass das Paar Kontakt zu weiteren RAF-Mitgliedern hatte.
Bislang hat Andrea Klump keine Aussage gemacht. Die Bundesanwaltschaft will sich um ihre Auslieferung bemühen. Wenn es zu einem Strafverfahren oder zu einer Verurteilung in Österreich kommt, habe das aufschiebende Wirkung für einen deutschen Auslieferungsantrag, erklärte das Wiener Justizministerium.
In Kopenhagen verübten Unbekannte gestern Morgen einen Molotow-Anschlag auf die österreichische Botschaft. Die Polizei hält die Erschießung von Horst Ludwig Meyer für ein mögliches Motiv. Bei dem Anschlag mit vier Brandbomben sei nur geringer Schaden entstanden, niemand sei verletzt worden.
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