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■ VorlaufVerkartetes Spiel

„Gesucht wird ... Biedermanns Reich“ (23 Uhr, ARD)

Eigentlich müsste Andrej Burzawa längst „verkartet“ sein. So nennt man beim Internationalen Suchdienst (ITS) im hessischen Arolsen jenen Vorgang, mit dem Antragsteller zu einem offiziell erfassten Fall werden, der bearbeitet werden kann. Aber Andrej Burzawa ist noch immer nicht verkartet. Obwohl der ehemalige Zwangsarbeiter und Häfling im KZ Dachau bereits 1994 beim ITS um die Zusendung der Unterlagen über sein erlittenes Unrecht nachgesucht hat.

Diese Unterlagen sind dank der akribischen Nazi-Bürokratie in Arolsen durchaus vorhanden. So wie 46 Millionen andere Dokumente über NS-Verbrechen, die den Opfern für Entschädigungen und Rentenansprüche eigentlich zur Verfügung stehen sollen. Aber Wartezeiten von über vier Jahren sind beim IST offenbar nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Zumindest stießen die WDR-Autoren Wilfried Huismann und Monika von Behr auf einige Fälle, in denen Betroffene seit Jahren auf Post aus Arolsen warten. Charles Biedermann, Leiter der vom Internationalen Roten Kreuz geführten und vom Bund finanzierten Behörde, verweist entschuldigend auf die Antragslawine aus Polen und Russland und die Überlastung seiner 400 Angestellten. Der polnische Sejm-Abgeordnete Miroslaw Podsiadlo sowie ehemalige Mitarbeiter des ITS werfen Biedermann hingegen vorsätzliche Verschleppung vor. Ein Spiel auf Zeit, bei dem man nur warten muss, bis aus Karteileichen echte Leichen werden.

Ein schwerwiegender Vorwurf, den die Autoren natürlich nicht beweisen können. Gleichwohl gelingt es ihnen, eine ganze Reihe Merkwürdigkeiten aufzudecken und für nervöse Betriebsamkeit in der Behörde zu sorgen. Denn der „Fall Burzawa“ ist hier schlicht unauffindbar, steckt noch nicht einmal im „Stau“ der beim ITS grob vorsortierten Anträge. Und die polnische Post, auf deren Schludrigkeit man in Arolsen gern verweist, kann diesmal auch nicht schuld sein. Denn Burzawa besitzt eine Bestätigung der Behörde für den Eingang seines Schreibens. RL

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