: Beben im High-Tech-Sektor
■ Die Produktionsausfälle in Taiwan erschüttern die globale Halbleiterindustrie
Hsinchuh (taz) – Schwer beschädigte Bauten sind im Zentrum der taiwanischen Chipindustrie, dem High-Tech-Park von Hsinchuh, nicht zu sehen. Dafür nervöse Manager, die mit ansehen, wie ihre Fabriken ohne Strom und Wasser stillliegen. Liefertermine sind verpasst, mehrere Tagesproduktionen hochsensibler Halbleiterchips zerstört. Geschätzter Schaden allein im Herz der taiwanischen High-Tech-Industrie: sechs Milliarden Mark. Taiwans Produktionsausfall verteuert Chips weltweit und damit die meisten Elektronikgüter.
Die Probleme im High-Tech-Park Hsinchu nach dem Erdbeben sind symbolisch für die Anfälligkeit von Taiwans Infrastruktur. Mit der stürmischen Entwicklung der High-Tech-Elektronik hat die notwendige Infrastrukur nicht Schritt gehalten. Es war schon seit sieben Jahren bekannt, dass die Strom- und Wasserversorgung für den High-Tech-Park ungenügend ist. Erst nach dem Beben hat die Regierung nun versprochen, den längst geforderten Stromgenerator im Innern des Parks zu bauen. Dieser strukturelle Missstand hat jetzt dem Image der taiwanischen High-Tech-Industrie mehr geschadet als die Produktionsausfälle.
Die drei führenden Chiphersteller Taiwan Semiconductor, Winbond und United Microelectronics müssen wegen des Erdbebens mit Verlusten von über 35 Millionen Mark rechnen, schreibt das Wertpapierhaus National Securities. Sollte der Stromausfall wegen Nachbeben gar länger als 14 Tage anhalten, wird dies negative Folgen auf die Kreditwürdigkeit der Unternehmen haben. Allein die Ausfälle in Hsinchu bewirken, dass Taiwans Exporte im September um zwei Prozent zurückgehen.
Die Regierung hat deshalb die Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr um einen Viertel Punkt auf 5,5 Prozent gesenkt. Ökonomen privater Institutionen gehen gar von einem Rückgang um 0,5 Prozent aus. Allerdings wird im kommenden Jahr ein Anstieg des Wachstums auf über 6 Prozent erwartet, weil die angeschlagene Bauindustrie vom Wiederaufbau profitieren wird.
Bisher geht die Regierung noch immer von unrealistischen sieben Milliarden Mark Gesamtschäden an Bauten aus. Ein Vergleich mit dem schweren Erdeben im japanischen Kobe zeigt aber, dass in Taiwan fast dreimal soviele Bauten zerstört wurden. Japan gab seit 1995 für den Wiederaufbau Kobes 100 Milliarden Mark aus. Da die Baupreise und Löhne in Taiwan nur ein Drittel der japanischen betragen, dürften die Aufbauarbeiten für die mehr als 80.000 zerstörten Häuser und 9.000 beschädigten Fabriken über 70 Milliarden Mark kosten. André Kunz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen