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Stoiber empfiehlt sich ins Abseits

■ Empfehlung für FPÖ: CDU distanziert, ÖVP lehnt dankend ab

Berlin (AP/dpa/taz) – Helle Empörung auch in der CDU hat der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber mit seiner Koalitionsempfehlung an die österreichische ÖVP zugunsten der FPÖ ausgelöst. ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel lehnte die Empfehlung ab: „Die Entscheidung, was in Österreich gemacht wird, wird ausschließlich in Österreich getroffen“, ließ Schüssel seinen „Freund“ Stoiber wissen.

Die CDU-Führung distanzierte sich von dem Vorschlag Stoibers. Parteichef Wolfgang Schäuble erklärte erneut, dass von Deutschland aus keine Ratschläge nach Österreich zu geben seien. Deutlicher wurden die CDU-Vizechefs Christian Wulff und Volker Rühe: „Hier gibt es keinen Konsens zwischen CDU und CSU“, betonte Wulff. Rühe tadelte Stoiber: „Es war falsch, überhaupt eine Empfehlung abzugeben, aber auch diese gegebene Empfehlung war falsch“, sagte er. „Nicht nur falsch, sondern auch gefährlich“, fand CDU-Politiker Michel Friedman, der auch Präsidiumsmitglied im Zentralrat der Juden ist, die Äußerung. Sie zeige, wie weit rechts von der CDU die CSU stehe, ergänzte Andreas Nachama von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Der künftige Generalsekretär der SPD, Franz Müntefering, forderte Schäuble auf, sich von Stoibers Ratschlag klar zu distanzieren und die CSU zur Ordnung zu rufen. Stoiber selbst indes begründete seine FPÖ-Empfehlung gestern damit, dass die bisherige Konstellation zur „Stärkung der politischen Ränder“ führe.

Die Grünen werteten Stoibers Vorstoß als „Tabubruch“. Der CSU-Chef wolle die Union zur Polarisierung nach rechts außen drängen, warnte der rechtspolitische Sprecher Volker Beck.

Die FPÖ hatte bei der österreichischen Wahl am vergangenen Sonntag 27,2 Prozent der Stimmen bekommen und die ÖVP (mit 26,9 Prozent) vorläufig auf den dritten Platz verwiesen. Ändern könnte sich das Ergebnis noch durch die Auszählung der Briefwahlstimmen. Im Ausland reagierten Politiker besorgt, besonders in Israel schlugen die Wogen hoch: Ministerpräsident Ehud Barak warnte vor der „Ausbreitung der Neonazi- und Faschistenseuche“. Das Aufkommen der extremen Rechten müsste „die Alarmglocken schrillen lassen“, sagte er.

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