: SPD vor dem großen Stühlerücken
■ Keiner der SPD-Senatoren kann sich sicher sein, dem neuen Senat nach der Wahl wieder anzugehören. Umweltsenator Peter Strieder könnte sich auf den Parteivorsitz konzentrieren
In der SPD machen sich Parteistrategen bereits Gedanken über personelle Veränderungen nach der Wahl. Von den fünf SPD-SenatorInnen kann sich keine/r seines Amtes sicher sein – auch unabhängig davon, ob die SPD erneut in eine Großen Koalition eintritt.
Parteiinternen Überlegungen zufolge könnte Umweltsenator Peter Strieder aus dem Senat ausscheiden, um sich als Parteivorsitzender voll auf die Erneuerung der SPD zu konzentrieren. Deren Profil könne Strieder besser schärfen, wenn er als Parteichef nicht in die Koalitionsdisziplin eingebunden sei, so die Überlegungen. Zwar gibt es auch SPD-Kräfte, die bei einem schlechten Wahlergebnis den Rücktritt Strieders fordern wollen, doch eine überzeugende personelle Alternative haben sie nicht zu bieten. Strieder dürfte der Verzicht auf einen Senatsposten schwer fallen. Einziger Trost: Dem 47-Jährigen, der der nächste SPD-Spitzenkandidat werden will, böte eine erfolgreiche Arbeit als Parteichef ein ideales Sprungbrett für seine Ambitionen. Strieder wird zudem sicher in das Parlament einziehen.
Auch drei weitere SenatorInnen werden dank sicherer Listenplätze dem neuen Parlament angehören. Galt ein sicherer Listenplatz zum Zeitpunkt der Nominierung noch als reine Prestigefrage, könnte er nun die weitere Teilnahme am politischen Leben sichern. Denn Justizsenator Ehrhart Körting kann sich kaum Chancen auf eine erneute Amtszeit ausrechnen. Er konnte sich nicht wie erhofft als Gegenspieler von CDU-Innensenator Werthebach profilieren.
Gabriele Schöttler, die sich als Arbeitssenatorin behaupten konnte, hat als Ostfrau dagegen gute Karten. Dagegen wächst an der SPD-Basis die Verstimmung über Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing. Manche würden das ungeliebte Finanzressort am liebsten an die CDU zurückgeben. Bei einer Pressekonferenz der vierköpfigen SPD-Quadriga schwieg Fugmann-Heesing gestern zu der Frage, ob die SPD das Finanzressort behalten werde. SPD-Spitzenkandidat Walter Momper erklärte dazu: „Was soll sich da ändern.“ Bevor das Fell des Bären verteilt werde, müsse der Bär erlegt werden. Zuvor hatte Fugmann-Heesing eindringlich erklärt, ohne eine sozialdemokratische Finanzpolitik werde „Berlin den Bach hinunter gehen.“
Fraktionschef Klaus Böger wird möglicherweise in den Senat wechseln. Für diesen Fall haben Momper-Anhänger den Spitzenkandidaten bereits als Nachfolger vorgeschlagen. Dass die Fraktion, die in der Urwahl geschlossen hinter Böger stand, Momper zu ihrem Vorsitzenden wählt, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Auch die Ambitionen des linken SPD-Vize Klaus-Uwe Benneter, Böger zu beerben, gelten als unrealistisch. Als aussichtsreiche Kandidaten dagegen gelten der Gewerkschafter Hermann Borghorst und der Finanzexperte Klaus Wowereit. Dorothee Winden
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