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Schnelle Aktenberge

■ Albingia: Konzernvorstand droht mit Wegfall aller 850 Hamburger Arbeitsplätze

Der Vorstand des französisch-deutschen Axa-Colonia-Versicherungskonzerns versucht, die Betriebsräte in den Verhandlungen um den angekündigten Abbau von 600 Arbeitsplätzen in der Hamburger Albingia-Hauptverwaltung unter Druck zu setzen. Nach Angaben der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) drohten die Albingia-Bosse dieser Tage bei den Interessenausgleich-Verhandlungen, alle 850 Arbeitsplätze abzubauen, wenn es nicht zu einer schnellen Einigung käme. HBV-Sprecher Jörg Reinbrecht: „Das menschenverachtende Vorgehen des Axa-Colonia-Konzern ist in der Versicherungswirtschaft bisher ohne Beispiel.“

Um den anvisierten Arbeitsplatzabbau nach dem Kauf der Albingia-Versicherung durch Axa-Colonia fristgerecht zum 30. September 2000 realisieren zu können, braucht der Vorstand eine schnelle Vereinbarung mit dem Betriebsrat über Interessenausgleich und Sozialplan. „Die haben dem Betriebsrat Aktenberge auf den Schreibtisch geknallt“, empört sich Jörg Reinbrecht, „und verlangen nun von ihm, woran Manager und Unternehmensberater monatelang gearbeitet haben, im Schnellverfahren zu erledigen.“

Da es Albingia-Vorstandsvorsitzendem Volker Bremkamp nicht schnell genug geht, soll er nun gedroht haben, das Unternehmen könne auch noch die restlichen 250 Arbeitsplätze in der Hansestadt „zur Disposition“ stellen. Albingia-Sprecher Rainer Möller hingegen ist von einer solchen Äußerung „nichts bekannt“.

Dass die Axa-Colonia-Gruppe sich von ihrem Vorhaben vorerst nicht abbringen lassen wird, muss-te auch Hamburgs Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) in einem Gespräch mit Axa-Colonia-Chef Claus-Michael Dill erfahren. „Dabei habe ich den Eindruck gewonnen, dass man sich über die Tragweite für die Beschäftigten im Klaren ist“, erklärte Mirow gestern, „und es ernsthafte Bemühungen geben wird, die Konsequenzen spürbar zu erleichtern.“ Daran wolle sich die Wirtschaftsbehörde „aktiv beteiligen“. Kai von Appen

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